Rede auf dem Plenum der kommunistischen Fraktion des Zentralrats
der Gewerkschaften der Sowjetunion
19. November 1924
Quelle: J. W. Stalin – Gesammelte Werke, Band 6
Genossen! Nach dem eingehenden Referat Kamenews bleibt mir nicht viel zu sagen übrig. Ich werde mich deshalb darauf beschränken, einige Legenden zu entlarven, die von Trotzki und seinen Gesinnungsgenossen über den Oktoberaufstand, über die Rolle Trotzkis beim Aufstand, über die Partei und die Vorbereitung des Oktober usw. verbreitet werden. Hierbei werde ich auch auf den Trotzkismus als eine spezifische, mit dem Leninismus unvereinbare Ideologie sowie auf die Aufgaben der Partei im Zusammenhang mit den letzten literarischen Ergüssen Trotzkis eingehen.
I. Die Tatsachen über den Oktoberaufstand
unächst über den Oktoberaufstand. Unter den Parteimitgliedern werden eifrig Gerüchte verbreitet, das ZK als Ganzes sei im Oktober 1917 angeblich gegen den Aufstand gewesen. Man pflegt zu erzählen, das ZK habe sich am 10. Oktober, als es den Beschluss fasste, den Aufstand zu organisieren, ursprünglich in seiner Mehrheit gegen den Aufstand ausgesprochen, dann aber sei ein Arbeiter in die Sitzung des ZK hineingestürzt und habe gerufen: „Ihr entscheidet euch gegen den Aufstand, ich aber sage euch, dass der Aufstand doch stattfinden wird, trotz alledem.“ Und erst nach diesen Drohungen soll das ZK, dem angeblich bange geworden sei, die Frage des Aufstands erneut aufgeworfen und den Beschluss, den Aufstand zu organisieren, gefasst haben.
Das ist kein einfaches Gerücht, Genossen. Darüber schreibt der bekannte John Reed in seinem Buch „Zehn Tage, die die Welt erschütterten“, John Reed, der unserer Partei fern stand, der selbstverständlich die Geschichte unserer konspirativen Versammlung vom 10.Oktober nicht kennen konnte und infolgedessen auf die Lügenmärchen hereinfiel, die von den Herren Suchanow in die Welt gesetzt werden. Diese Mär wird dann in einer Reihe von Broschüren, die der Feder von Trotzkisten entstammen, wiedergegeben und wiederholt, unter anderem auch in einer der letzten Broschüren über den Oktober, die von Syrkin verfasst ist. Diese Gerüchte werden durch die letzten literarischen Ergüsse Trotzkis mit Eifer aufrechterhalten.
Es braucht wohl kaum bewiesen zu werden, dass alle diese und ähnlichen orientalischen Märchen nicht den Tatsachen entsprechen, dass sich in Wirklichkeit in der Sitzung des ZK nichts dergleichen ereignet hat und auch nicht ereignen konnte. Wir könnten deshalb an diesen unsinnigen Gerüchten vorbeigehen: es werden ja so viele Gerüchte in den Arbeitszimmern der Oppositionellen oder der Partei fern stehender Leute fabriziert. Bisher haben wir das auch tatsächlich getan, ohne zum Beispiel die Fehler John Reeds zu beachten und uns darum zu kümmern, dass diese Fehler richtig gestellt werden. Nach den letzten Ergüssen Trotzkis jedoch können wir nicht länger an solchen Legenden vorbeigehen, denn man bemüht sich jetzt, an Hand solcher Legenden die Jugend zu erziehen, und hat leider in dieser Beziehung bereits gewisse Resultate erzielt. Angesichts dessen muss ich diesen widersinnigen Gerüchten die wirklichen Tatsachen entgegenstellen.
Ich nehme die Protokolle der Sitzung des ZK unserer Partei vom 10. (23.) Oktober 1917. Anwesend sind: Lenin, Sinowjew, Kamenew, Stalin, Trotzki, Swerdlow, Uritzki, Dzierzynski, Kollontaj, Bubnow, Sokolnikow, Lomow. Es wird die Frage der gegenwärtigen Lage und des Aufstands erörtert. Nach der Diskussion wird über die Resolution des Genossen Lenin über den Aufstand abgestimmt. Die Resolution wird mit einer Stimmenmehrheit von 10 gegen 2 angenommen. Die Sache scheint klar zu sein: Das ZK beschließt mit einer Stimmenmehrheit von 10 gegen 2, zur unmittelbaren praktischen Arbeit an der Organisierung des Aufstands überzugehen. Das Zentralkomitee wählt in der gleichen Sitzung ein politisches Zentrum zur Leitung des Aufstands unter dem Namen Politisches Büro, bestehend aus: Lenin, Sinowjew, Stalin, Kamenew, Trotzki, Sokolnikow und Bubnow.
Das sind die Tatsachen.
Diese Protokolle zerstören mehrere Legenden auf einmal. Sie zerstören die Legende, das ZK sei in seiner Mehrheit gegen den Aufstand gewesen. Sie zerstören auch die Legende, das ZK habe in der Frage des Aufstands vor einer Spaltung gestanden. Aus den Protokollen ist klar ersichtlich, dass die Gegner des sofortigen Aufstands, Kamenew und Sinowjew, ebenso wie die Anhänger des Aufstands in das Organ zur politischen Leitung des Aufstands gewählt wurden. Von irgendeiner Spaltung war keine Rede und konnte auch keine Rede sein.
Trotzki versichert, wir hätten es im Oktober bei Kamenew und Sinowjew mit einem rechten Flügel unserer Partei, man könnte fast sagen, mit Sozialdemokraten zu tun gehabt. Unverständlich ist nur: Wie konnte es geschehen, dass die Partei in einem solchen Fall um eine Spaltung herumkam; wie konnte es geschehen, dass die Meinungsverschiedenheiten mit Kamenew und Sinowjew nur einige Tage anhielten; wie konnte es geschehen, dass diese Genossen trotz der Meinungsverschiedenheiten von der Partei auf äußerst wichtige Posten gestellt, in das politische Zentrum des Aufstands gewählt wurden usw.? Die Unerbittlichkeit Lenins gegenüber den Sozialdemokraten ist in der Partei hinreichend bekannt; die Partei weiß, dass Lenin sich auch nicht einen Augenblick lang damit einverstanden erklärt hätte, sozialdemokratisch gesinnte Genossen in der Partei, und noch dazu in wichtigsten Funktionen, zu dulden. Woraus ist es zu erklären, dass die Partei um eine Spaltung herumkam? Das erklärt sich daraus, dass wir es trotz der Meinungsverschiedenheiten bei diesen Genossen mit alten Bolschewiki zu tun hatten, die auf dem gemeinsamen Boden des Bolschewismus standen. Worin bestand dieser gemeinsame Boden? In der Einheit der Ansichten über die Grundfragen: über den Charakter der russischen Revolution, über die Triebkräfte der Revolution, über die Rolle der Bauernschaft, über die Grundlagen der Parteiführung usw. Ohne solch einen gemeinsamen Boden wäre eine Spaltung unvermeidlich gewesen. Zu einer Spaltung kam es nicht, und die Meinungsverschiedenheiten hielten nur einige Tage an, und zwar deshalb und nur deshalb, weil wir es bei Kamenew und Sinowjew mit Leninisten, mit Bolschewiki zu tun hatten.
Wenden wir uns nun der Legende über die besondere Rolle Trotzkis beim Oktoberaufstand zu. Die Trotzkisten streuen eifrigst Gerüchte aus, die besagen, der Inspirator und alleinige Führer des Oktoberaufstands sei Trotzki gewesen. Besonders eifrig werden diese Gerüchte von dem so genannten Redakteur der Schriften Trotzkis, Lenzner, ausgestreut. Trotzki selbst fördert mit oder ohne Absicht die Verbreitung von Gerüchten über eine besondere Rolle Trotzkis beim Aufstand, indem er systematisch die Partei, das ZK der Partei und das Petrograder Parteikomitee übergeht, die führende Rolle dieser Organisationen beim Aufstand verschweigt und sich selbst eifrigst als die zentrale Figur des Oktoberaufstands herausstreicht. Es liegt mir fern, die zweifellos wichtige Rolle Trotzkis beim Aufstand in Abrede stellen zu wollen. Doch muss ich sagen, dass Trotzki beim Oktoberaufstand keineswegs eine besondere Rolle gespielt hat noch spielen konnte, dass er als Vorsitzender des Petrograder Sowjets lediglich den Willen der entsprechenden Parteiinstanzen ausführte, die jeden Schritt Trotzkis leiteten. Spießern vom Schlage Suchanows mag dies alles seltsam erscheinen, doch wird diese meine Behauptung voll und ganz von Tatsachen, von feststehenden Tatsachen bestätigt.
Nehmen wir die Protokolle der nächsten Sitzung des ZK, der Sitzung vom 16. (29.) Oktober 1917. Anwesend sind die Mitglieder des ZK, plus Vertreter des Petrograder Komitees, plus Vertreter der Militärorganisation, der Betriebskomitees, der Gewerkschaften und der Eisenbahner. Unter den Anwesenden befinden sich außer den Mitgliedern des ZK: Krylenko, Schotman, Kalinin, Wolodarski, Schljapnikow, Lazis und andere; insgesamt 25 Mann. Die Frage des Aufstands wird vom rein praktisch-organisatorischen Standpunkt erörtert. Die Resolution Lenins über den Aufstand wird mit einer Stimmenmehrheit von 20 gegen 2, bei 3 Stimmenthaltungen, angenommen. Es wird ein praktisches Zentrum zur organisatorischen Leitung des Aufstands gewählt. Wer wird nun in dieses Zentrum gewählt? In dieses Zentrum werden fünf Personen gewählt: Swerdlow, Stalin, Dzierzynski, Bubnow, Uritzki. Die Aufgaben des praktischen Zentrums sind: alle praktischen Aufstandsorgane entsprechend den Direktiven des Zentralkomitees zu leiten. Somit ist, wie man sieht, in dieser Sitzung des ZK etwas „Schreckliches“ passiert, das heißt, der „Inspirator“, die „Hauptfigur“, der „alleinige Führer“ des Aufstands, Trotzki, ist „seltsamerweise“ nicht in das praktische Zentrum gewählt worden, das berufen war, den Aufstand zu leiten. Wie lässt sich das mit der häufig vertretenen Meinung über die besondere Rolle Trotzkis vereinbaren? Das ist doch alles etwas „seltsam“, würden Suchanow oder die Trotzkisten sagen, nicht wahr? Indes ist hieran eigentlich nichts seltsam, denn Trotzki, ein in der Periode des Oktober für unsere Partei verhältnismäßig neuer Mann, hat weder in der Partei noch beim Oktoberaufstand irgendeine besondere Rolle gespielt, noch konnte er sie spielen. Wie alle anderen verantwortlichen Funktionäre führte er lediglich den Willen des ZK und seiner Organe aus. Wer mit dem Mechanismus der Parteiführung der Bolschewiki vertraut ist, wird ohne besondere Mühe verstehen, dass es auch gar nicht anders sein konnte: Trotzki brauchte nur gegen den Willen des ZK zu verstoßen, um jeden Einfluss auf den Verlauf der Ereignisse einzubüßen. Das Gerede von einer besonderen Rolle Trotzkis ist eine Legende, die von dienstbeflissenen „Parteiklatschbasen“ verbreitet wird.
Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass der Oktoberaufstand nicht seinen Inspirator gehabt hätte. Nein, er hatte seinen Inspirator und Führer. Aber das war Lenin und kein anderer, derselbe Lenin, dessen Resolutionen vom ZK bei der Entscheidung der Frage des Aufstands angenommen wurden, derselbe Lenin, den die Illegalität nicht hinderte, entgegen der Behauptung Trotzkis, der wirkliche Inspirator des Aufstands zu sein. Es ist dumm und lächerlich, heute durch Geschwätz über Illegalität die offensichtliche Tatsache verwischen zu wollen, dass der Inspirator des Aufstands der Führer der Partei, W. I. Lenin, war.
Das sind die Tatsachen.
Mag sein, sagt man uns, es kann aber nicht geleugnet werden, dass Trotzki in der Periode des Oktober gut gekämpft hat. Ja, das stimmt, Trotzki hat im Oktober wirklich gut gekämpft. Aber nicht nur Trotzki hat in der Periode des Oktober gut gekämpft, nicht übel gekämpft haben sogar solche Leute wie die linken Sozialrevolutionäre, die damals Schulter an Schulter mit den Bolschewiki standen. Überhaupt muss ich sagen, dass es in der Periode des siegreichen Aufstands, wenn der Feind isoliert ist und der Aufstand immer größere Ausmaße annimmt, nicht schwer ist, gut zu kämpfen. In solchen Augenblicken werden sogar Rückständige zu Helden.
Der Kampf des Proletariats ist jedoch keine durchgehende Offensive, keine ununterbrochene Kette von Erfolgen. Im Kampf des Proletariats gibt es auch Prüfungen, gibt es auch Niederlagen. Ein echter Revolutionär ist nicht derjenige, der in der Periode des siegreichen Aufstands mannhaft kämpft, sondern derjenige, der es versteht, bei der siegreichen Offensive der Revolution gut zu kämpfen, der zugleich aber auch in der Periode des Rückzugs der Revolution, in der Periode der Niederlage des Proletariats mannhaft ist, der den Kopf nicht verliert und bei Rückschlägen der Revolution, bei Erfolgen des Feindes, nicht schlappmacht, der in der Periode des Rückzugs der Revolution nicht in Panik verfällt und in Verzweiflung gerät. Die linken Sozialrevolutionäre haben in der Periode des Oktobers nicht übel gekämpft, als sie die Bolschewiki unterstützten. Aber wer wüsste nicht, dass diese „tapferen“ Kämpfer in der Periode von Brest in Panik verfielen, als die Offensive des deutschen Imperialismus sie in Verzweiflung und Hysterie versetzte. Es ist sehr traurig, aber zweifellos wahr, dass Trotzki, der in der Periode des Oktober gut gekämpft hat, in der Periode von Brest, in der Periode zeitweiliger Rückschläge der Revolution nicht Manns genug war, um in diesem schwierigen Augenblick genügende Standhaftigkeit an den Tag zu legen und nicht in die Fußtapfen der linken Sozialrevolutionäre zu treten. Zweifellos war das ein schwieriger Augenblick, es bedurfte besonderer Mannhaftigkeit und einer eisernen Ruhe, um nicht den Kopf zu verlieren, sich rechtzeitig zurückzuziehen, rechtzeitig auf die Friedensbedingungen einzugehen, die proletarische Armee den Schlägen des deutschen Imperialismus zu entziehen, sich die Bauernreserven zu erhalten, auf diese Weise eine Atempause zu gewinnen und dann mit neuen Kräften gegen den Feind loszuschlagen. Leider brachte aber Trotzki in diesem schwierigen Augenblick nicht diese Mannhaftigkeit und revolutionäre Standhaftigkeit auf.
Nach Trotzkis Meinung besteht die Hauptlehre der proletarischen Revolution darin, dass man in einer Zeit wie der des Oktobers „nicht schlappmachen darf“. Das stimmt nicht, denn diese Behauptung Trotzkis enthält nur einen Teil der Wahrheit über die Lehren der Revolution. Die ganze Wahrheit über die Lehren der proletarischen Revolution besteht darin, dass man nicht nur in den Tagen der Offensive der Revolution, sondern auch in den Tagen ihres Rückzugs, wenn der Feind die Oberhand gewinnt und die Revolution Rückschläge erleidet, „nicht schlappmachen darf“. Die Revolution ist nicht mit dem Oktober erschöpft. Der Oktober ist nur der Beginn der proletarischen Revolution. Es ist schlimm, wenn man beim anwachsenden Aufstand schlappmacht. Noch schlimmer aber ist es, wenn man bei den schweren Prüfungen der Revolution, nach der Machtergreifung schlappmacht. Die Macht am Tage nach der Revolution zu behaupten ist nicht minder wichtig, als die Macht zu ergreifen. Wenn Trotzki in der Periode von Brest, in einer Periode schwerer Prüfungen unserer Revolution, als es beinahe zur „Aufgabe“ der Macht gekommen wäre, schlappgemacht hat, so muss er begreifen, dass die Oktoberfehler Kamenews und Sinowjews damit absolut nichts zu tun haben.
So verhält es sich mit den Legenden über den Oktoberaufstand.
II. Die Partei und die Vorbereitung des Oktobers
Gehen wir nun zur Frage der Vorbereitung des Oktobers über.
Hört man Trotzki, so könnte man glauben, die Partei der Bolschewiki hätte während der ganzen Vorbereitungsperiode vom März bis zum Oktober nichts weiter getan, als auf der Stelle zu treten, sich in inneren Widersprüchen zu verzehren und Lenin auf jegliche Weise zu stören, und wenn Trotzki nicht gewesen wäre, so wisse man nicht, wie die Sache der Oktoberrevolution ausgelaufen wäre. Es mutet einen etwas lächerlich an, diese merkwürdigen Reden über die Partei von Trotzki zu hören, der im gleichen „Vorwort“ zum III. Bande erklärt hat, dass das „Hauptinstrument des proletarischen Umsturzes die Partei ist“, dass „die proletarische Revolution ohne die Partei, über den Kopf der Partei hinweg, unter Umgehung der Partei, mittels eines Parteisurrogats nicht siegen kann“, wobei es selbst Allah unverständlich sein dürfte, wie unsere Revolution siegen konnte, wenn sich „ihr Hauptinstrument“ als unbrauchbar erwies und man doch „unter Umgehung der Partei“ unmöglich siegen kann. Aber Trotzki wartet uns nicht zum erstenmal mit merkwürdigen Dingen auf. Es ist anzunehmen, dass die komischen Reden über unsere Partei zu den üblichen Merkwürdigkeiten Trotzkis gehören.
Betrachten wir kurz die Geschichte der Vorbereitung des Oktobers nach Perioden.
1. Die Periode der neuen Orientierung der Partei (März-April). Die grundlegenden Tatsachen dieser Periode sind:
a) Sturz des Zarismus;
b) Bildung der Provisorischen Regierung (Diktatur der Bourgeoisie);
c) Entstehung der Sowjets der Arbeiter- und Soldatendeputierten (Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft);
d) Doppelherrschaft;
e) Aprildemonstration;
f) erste Machtkrise.
Ein charakteristisches Merkmal dieser Periode ist die Tatsache, dass nebeneinander, zusammen, zu ein und derselben Zeit sowohl die Diktatur der Bourgeoisie als auch die Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft bestehen, wobei sich diese gegenüber jener vertrauensselig verhält, an ihre Friedensbestrebungen glaubt, freiwillig die Macht an die Bourgeoisie abtritt und sich damit in ihr Anhängsel verwandelt. Ernste Konflikte zwischen den beiden Diktaturen sind noch nicht zu verzeichnen. Dafür gibt es aber eine „Kontaktkommission“. 1
Dies war ein gewaltiger Umschwung in der Geschichte Rußlands und eine noch nie dagewesene Wendung in der Geschichte unserer Partei. Die alte, vorrevolutionäre Plattform des direkten Sturzes der Regierung war klar und bestimmt, aber sie entsprach nicht mehr den neuen Kampfbedingungen. Jetzt konnte man nicht mehr direkt auf den Sturz der Regierung hinsteuern, denn die Regierung war mit den Sowjets verknüpft, die unter dem Einfluss der „Vaterlandsverteidiger“ standen, und die Partei hätte einen ihre Kräfte übersteigenden Kampf sowohl gegen die Regierung als auch gegen die Sowjets führen müssen. Aber man konnte auch nicht eine Politik der Unterstützung der Provisorischen Regierung betreiben, denn sie war eine Regierung des Imperialismus. Es bedurfte einer neuen Orientierung der Partei unter den neuen Kampfbedingungen. Die Partei (ihre Mehrheit) versuchte tastend zu dieser neuen Orientierung zu gelangen. Sie schlug eine Politik des Drucks der Sowjets auf die Provisorische Regierung in der Frage des Friedens ein und konnte sich nicht entschließen, sofort den Schritt vorwärts, von der alten Losung, Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft, zu der neuen Losung, Macht der Sowjets, zu tun. Diese Politik der Halbheiten war darauf berechnet, den Sowjets Gelegenheit zu geben, an Hand der konkreten Fragen des Friedens das wahre imperialistische Wesen der provisorischen Regierung zu durchschauen und sie dadurch von dieser loszulösen. Dies war jedoch eine zutiefst falsche Position, denn sie erzeugte pazifistische Illusionen, leitete Wasser auf die Mühle der „Vaterlandsverteidiger“ und erschwerte die revolutionäre Erziehung der Massen. Diese irrige Auffassung teilte ich damals mit anderen Parteigenossen und habe mich von ihr erst Mitte April vollständig losgesagt, als ich mich den Thesen Lenins anschloss. Es war eine neue Orientierung erforderlich. Diese neue Orientierung gab Lenin der Partei in seinen berühmten Aprilthesen2. Ich gehe nicht weiter auf diese Thesen ein, denn sie sind allbekannt. Gab es damals Meinungsverschiedenheiten zwischen der Partei und Lenin? Ja, es gab solche. Wie lange hielten diese Meinungsverschiedenheiten an? Nicht länger als zwei Wochen. Die Stadtkonferenz der Petrograder Organisation3 (zweite Aprilhälfte), die die Thesen Lenins annahm, bedeutete einen Wendepunkt in der Entwicklung unserer Partei. Die Allrussische Aprilkonferenz4 (Ende April) vollendete nur im gesamtrussischen Maßstab das Werk der Petrograder Konferenz, indem sie neun Zehntel der Partei um die einheitliche Parteiposition zusammenschloss.
Heute, nach sieben Jahren, ergeht sich Trotzki schadenfroh über die früheren Meinungsverschiedenheiten unter den Bolschewiki und stellt diese Meinungsverschiedenheiten beinahe als einen Kampf zweier Parteien innerhalb des Bolschewismus hin. Aber erstens übertreibt Trotzki hier ungeheuerlich und bauscht die Sache auf, denn die Partei der Bolschewiki überstand diese Meinungsverschiedenheiten ohne die geringste Erschütterung. Zweitens wäre unsere Partei eine Kaste und nicht eine revolutionäre Partei, ließe sie in ihrer Mitte keine Gedankenschattierungen zu, wobei bekannt ist, dass es bei uns auch in der Vergangenheit, zum Beispiel in der Periode der III. Duma, Meinungsverschiedenheiten gab, was jedoch die Einheit unserer Partei nicht störte. Drittens wird es nicht überflüssig sein, zu fragen, welche Position Trotzki selbst damals einnahm, der sich heute so gern schadenfroh über frühere Meinungsverschiedenheiten unter den Bolschewiki ergeht? Der so genannte Redakteur der Schriften Trotzkis, Lenzner, versichert, die amerikanischen Briefe Trotzkis (März) hätten die Leninschen „Briefe aus der Ferne“5 (März), die die Grundlage der Aprilthesen Lenins bildeten, „in vollem Umfange vorweggenommen“. Geradeso heißt es: „In vollem Umfange vorweggenommen.“ Trotzki hat gegen eine solche Analogie nichts einzuwenden und nimmt sie offensichtlich dankbar an. Aber erstens sind die Briefe Trotzkis ihrem Geiste und ihren Schlussfolgerungen nach den Briefen Lenins „überhaupt nicht ähnlich“, denn sie widerspiegeln voll und ganz die antibolschewistische Losung Trotzkis „Weg mit dem Zaren, her mit der Arbeiterregierung“, eine Losung, die eine Revolution ohne die Bauernschaft bedeutet. Man braucht diese beiden Gruppen von Briefen nur durchzusehen, um sich davon zu überzeugen. Zweitens, woraus ist in diesem Fall zu erklären, dass Lenin es für notwendig hielt, sich gleich am Tage nach seiner Ankunft aus dem Ausland von Trotzki abzugrenzen? Wer kennt nicht die wiederholten Erklärungen Lenins, dass Trotzkis Losung „Weg mit dem Zaren, her mit der Arbeiterregierung“ ein Versuch ist, „die noch nicht zum Abschluss gekommene bäuerliche Bewegung zu überspringen“, dass diese Losung ein „Spiel mit der Machtergreifung durch eine Arbeiterregierung“ bedeutet? (Siehe Lenins Werke, 4. Ausgabe, Bd. 24, S. 28, 29. Siehe ferner die Referate auf der Petrograder Stadtkonferenz und der Allrussischen Konferenz der SDAPR(B) (Mitte und Ende April 1917).)
Was kann es zwischen den bolschewistischen Thesen Lenins und dem antibolschewistischen Schema Trotzkis samt seinem „Spiel mit der Machtergreifung“ Gemeinsames geben? Und woher kommt bei den Leuten diese Passion, eine armselige Hütte mit dem Montblanc zu vergleichen? Wozu musste Lenzner sich dazu versteigen, dem Haufen alter Legenden über unsere Revolution noch eine weitere Legende hinzuzufügen, dass Lenins bekannte „Briefe aus der Ferne“ in den amerikanischen Briefen Trotzkis „vorweggenommen“ seien?
(Zu diesen Legenden gehört auch die sehr verbreitete Version, Trotzki sei der „alleinige“ Organisator oder der „Hauptorganisator“ der Siege an den Fronten des Bürgerkriegs gewesen. Im Interesse der Wahrheit, Genossen, muss ich erklären, dass diese Version absolut nicht der Wirklichkeit entspricht. Es liegt mir fern, die wichtige Rolle Trotzkis im Bürgerkrieg in Abrede stellen zu wollen. Aber ich muss mit aller Entschiedenheit erklären, dass die hohe Ehre, Organisator unserer Siege zu sein, nicht Einzelpersonen zukommt, sondern dem großen Kollektiv fortgeschrittener Arbeiter unseres Landes – der Kommunistischen Partei Rußlands. Es dürfte vielleicht nicht überflüssig sein, einige Beispiele anzuführen. Sie wissen, dass Koltschak und Denikin als die Hauptfeinde der Sowjetrepublik galten. Sie wissen, dass unser Land erst nach dem Siege über diese Feinde frei aufatmen konnte. Und die Geschichte besagt nun, dass unsere Truppen diese beiden Feinde, das heißt sowohl Koltschak als auch Denikin, entgegen den Plänen Trotzkis endgültig geschlagen haben.
Urteilen Sie selbst.
1. Über Koltschak. Es ist Sommer 1919. Unsere Truppen greifen Koltschak an und operieren bei Ufa. Es findet eine Sitzung des Zentralkomitees statt. Trotzki beantragt, die Offensive auf der Linie des Flusses Bjelaja (bei Ufa) einzustellen, den Ural in Koltschaks Händen zu belassen, einen Teil der Truppen von der Ostfront abzuziehen und an die Südfront zu werfen. Es kommt zu einer heftigen Diskussion. Das Zentralkomitee ist nicht mit Trotzki einverstanden, sondern der Meinung, dass der Ural mit seinen Werken und seinem Eisenbahnnetz nicht in Koltschaks Händen gelassen werden darf, da er sich dort leicht erholen, seine Kräfte zusammenballen und erneut bis an die Wolga gelangen kann – zuerst muss Koltschak hinter das Uralgebirge, in die sibirischen Steppen vertrieben werden, und erst dann kann man darangehen, die Truppen nach dem Süden zu werfen. Das Zentralkomitee lehnt den Plan Trotzkis ab. Dieser erklärt seinen Rücktritt. Das Zentralkomitee nimmt den Rücktritt nicht an. Der Oberbefehlshaber Wazetis, der für Trotzkis Plan ist, tritt zurück. An seine Stelle tritt ein neuer Oberbefehlshaber, Kamenew. Von diesem Augenblick an bleibt Trotzki der direkten Teilnahme an den Angelegenheiten der Ostfront fern.
2. Über Denikin. Es ist Herbst 1919. Die Offensive gegen Denikin misslingt. Der „eiserne Ring“ um Mamontow geht sichtlich in die Brüche (Mamontows Tiefenstoß). Denikin besetzt Kursk. Denikin nähert sich Orel. Trotzki wird von der Südfront zu einer Sitzung des Zentralkomitees geladen. Das Zentralkomitee erkennt die Lage als bedrohlich an und beschließt, neue militärische Funktionäre an die Südfront zu entsenden und Trotzki abzuberufen. Die neuen militärischen Funktionäre fordern „Nichteinmischung“ Trotzkis in die Angelegenheiten der Südfront. Trotzki bleibt der direkten Teilnahme an den Angelegenheiten der Südfront fern. Die Operationen an der Südfront nehmen nun bis zur Einnahme von Rostow am Don und Odessa ihren Lauf ohne Trotzki.
Man versuche, diese Tatsachen zu widerlegen. )
Es heißt nicht von ungefähr, dass ein dienstbeflissener Tölpel gefährlicher ist als ein Feind.
2. Die Periode der revolutionären Mobilisierung der Massen (Mai bis August). Die grundlegenden Tatsachen dieser Periode sind:
a) Aprildemonstration in Petrograd und Bildung einer Koalitionsregierung unter Teilnahme der „Sozialisten“;
b) 1. Maidemonstration in den Hauptzentren Rußlands unter der Losung eines „demokratischen Friedens“;
c) Junidemonstration in Petrograd unter der Hauptlosung „Nieder mit den kapitalistischen Ministern!“;
d) Junioffensive an der Front und Misserfolge der russischen Armee;
e) bewaffnete Julidemonstration in Petrograd und Austritt der Kadettenminister aus der Regierung;
f) Heranziehung konterrevolutionärer Truppen von der Front, Demolierung der Redaktionsräume der „Prawda“, Kampf der Konterrevolution gegen die Sowjets und Bildung einer neuen Koalitionsregierung mit Kerenski an der Spitze;
g) VI. Parteitag unserer Partei, der die Losung der Vorbereitung des bewaffneten Aufstands ausgab;
h) konterrevolutionäre Staatsberatung und Generalstreik in Moskau;
i) misslungene Offensive Kornilows gegen Petrograd, Belebung der Sowjets, Rücktritt der Kadetten und Bildung eines „Direktoriums“.
Als der charakteristische Zug dieser Periode ist die Verschärfung der Krise und die Erschütterung jenes labilen Gleichgewichts zwischen den Sowjets und der Provisorischen Regierung anzusehen, das in der vorhergehenden Periode – schlecht und recht – bestanden hatte. Die Doppelherrschaft wurde für beide Seiten untragbar. Das brüchige Gebäude der „Kontaktkommission“ erlebt seine letzten Tage. „Machtkrise“ und „Ministerkarussell“ waren damals die meistgebrauchten Modeworte. Die Krise an der Front und die Zerrüttung im Hinterland tun das ihrige, verstärken die extremen Flügel und setzen die paktiererischen „Vaterlandsverteidiger“ von zwei Seiten unter Druck. Die Revolution macht mobil und ruft damit eine Mobilmachung der Konterrevolution hervor. Die Konterrevolution treibt ihrerseits die Revolution an und ruft ein neues Anschwellen der revolutionären Flut hervor. Die Frage des Übergangs der Macht an die neue Klasse wird zur aktuellen Frage.
Gab es damals Meinungsverschiedenheiten in unserer Partei? Jawohl, es gab sie. Sie trugen jedoch ausschließlich sachlichen Charakter, trotz der Versicherungen Trotzkis, der einen „rechten“ und einen „linken“ Flügel der Partei zu entdecken sucht. Das heißt, es waren Meinungsverschiedenheiten, ohne die es überhaupt kein lebendiges Parteileben und keine wirkliche Parteiarbeit gibt.
Trotzki hat Unrecht, wenn er behauptet, die Aprildemonstration in Petrograd habe im Zentralkomitee Meinungsverschiedenheiten hervorgerufen. Das Zentralkomitee war sich in dieser Frage absolut einig und verurteilte den Versuch einer Gruppe von Genossen, die Provisorische Regierung in einem Augenblick zu verhaften, da die Bolschewiki in den Sowjets und in der Armee in der Minderheit waren. Hätte Trotzki die „Geschichte“ des Oktober nicht nach Suchanow, sondern nach authentischen Dokumenten geschrieben, so hätte er sich mühelos davon überzeugt, dass seine Behauptung falsch ist.
Trotzki hat absolut unrecht, wenn er behauptet, der „auf Initiative Lenins“ unternommene Versuch, am 10. Juni eine Demonstration durchzuführen, sei von den „rechten“ Mitgliedern des Zentralkomitees als „Abenteurertum“ verurteilt worden. Hätte Trotzki nicht nach Suchanow geschrieben, so wüsste er ganz bestimmt, dass die Demonstration vom 10. Juni in vollem Einverständnis mit Lenin verschoben wurde, wobei Lenin in seiner großen Rede in der bekannten Sitzung des Petrograder Komitees die Notwendigkeit dieser Verschiebung verfochten hat (siehe Protokolle des Petrograder Komitees6).
Trotzki hat ganz und gar Unrecht, wenn er von „tragischen“ Meinungsverschiedenheiten im ZK in Verbindung mit der bewaffneten Julidemonstration spricht. Wenn Trotzki glaubt, dass einige Mitglieder der führenden Gruppe des ZK „in der Juliepisode ein schädliches Abenteuer sehen mussten“, so heißt das einfach phantasieren. Es kann natürlich auch sein, dass Trotzki, der damals noch nicht unserem ZK angehörte und nur unser Sowjetparlamentarier war, nicht wusste, dass das ZK die Julidemonstration nur als ein Mittel betrachtete, den Gegner zu sondieren, dass das ZK (und Lenin) weder gewillt waren noch daran dachten, die Demonstration in einem Augenblick, da die Sowjets der Hauptstädte noch hinter den „Vaterlandsverteidigern“ standen, in einen Aufstand zu verwandeln. Es ist durchaus möglich, dass dieser oder jener unter den Bolschewiki anlässlich der Juliniederlage tatsächlich geflennt hat. Mir ist zum Beispiel bekannt, dass dieser oder jener unter den damals verhafteten Bolschewiki sogar bereit war, unsere Reihen zu verlassen. Daraus aber irgendwelche Schlüsse gegen einige, angebliche „Rechte“, angebliche Mitglieder des ZK, ziehen zu wollen, hieße die Geschichte ungeheuerlich entstellen.
Trotzki hat Unrecht, wenn er erklärt, während der Kornilowtage habe sich bei einem Teil der Parteispitzen die Tendenz zu einem Block mit den „Vaterlandsverteidigern“, zur Unterstützung der Provisorischen Regierung gezeigt. Es handelt sich selbstverständlich um dieselben angeblichen „Rechten“, die Trotzki nicht schlafen lassen. Trotzki hat Unrecht, denn es existieren Dokumente wie das damalige Zentralorgan der Partei, das die Erklärungen Trotzkis schlagend widerlegt. Trotzki beruft sich auf Lenins Brief an das ZK, in dem Lenin davor warnt, Kerenski zu unterstützen. Trotzki versteht jedoch nicht die Briefe Lenins, ihre Bedeutung und ihren Zweck. Lenin greift in seinen Briefen mitunter absichtlich vor, rückt Fehler, die möglicherweise begangen werden könnten, in den Vordergrund und kritisiert sie im voraus, mit dem Ziel, die Partei zu warnen und sie gegen Fehler zu sichern, oder aber er bauscht mit demselben pädagogischen Ziel mitunter eine „Kleinigkeit“ auf und macht „aus einer Mücke einen Elefanten“. Der Führer der Partei, besonders wenn er sich in der Illegalität befindet, kann auch gar nicht anders handeln, denn er muss weiter blicken als seine Kampfgefährten und ist verpflichtet, wegen jedes Fehlers, der möglicherweise begangen werden könnte, selbst wegen „Kleinigkeiten“, Alarm zu schlagen. Aus solchen Briefen Lenins aber (und solche Briefe gibt es bei ihm nicht wenige) auf „tragische“ Meinungsverschiedenheiten schließen und aus diesem Anlass ins Horn blasen heißt die Briefe Lenins nicht verstehen, Lenin nicht kennen. Daraus erklärt sich wohl auch, dass Trotzki bisweilen ganz und gar danebenhaut. Kurzum: In den Tagen des Kornilowputsches gab es im ZK keine, absolut keine Meinungsverschiedenheiten.
Nach der Juliniederlage gab es zwischen dem ZK und Lenin wirklich eine Meinungsverschiedenheit über die Frage des Schicksals der Sowjets. Bekanntlich warnte Lenin, der die Aufmerksamkeit der Partei auf die Vorbereitung des Aufstands außerhalb der Sowjets konzentrieren wollte, vor einer Überschätzung der Sowjets, da er der Meinung war, dass die von den „Vaterlandsverteidigern“ geschändeten Sowjets ihre Bedeutung bereits völlig verloren hätten. Das Zentralkomitee und der VI. Parteitag schlugen eine vorsichtigere Linie ein und kamen zu dem Schluss, dass keine Gründe vorlagen, eine Wiederbelebung der Sowjets für ausgeschlossen zu halten. Der Kornilowputsch zeigte, dass dieser Schluss richtig war.
Übrigens war diese Meinungsverschiedenheit von keiner aktuellen Bedeutung für die Partei. Späterhin gab Lenin zu, dass die Linie des VI. Parteitags richtig war. Es ist interessant, dass Trotzki sich nicht an diese Meinungsverschiedenheit geklammert und sie nicht ins „Ungeheuerliche“ aufgebauscht hat.
Eine einige und geschlossene Partei, die sich im Mittelpunkt der revolutionären Mobilisierung der Massen befindet – so steht unsere Partei in dieser Periode da.
3. Die Periode der Organisierung des Sturmangriffs (September- Oktober). Die grundlegenden Tatsachen dieser Periode sind:
a) Einberufung der Demokratischen Beratung und Zusammenbruch der Idee eines Blocks mit den Kadetten;
b) Übergang des Moskauer und des Petrograder Sowjets auf die Seite der Bolschewiki;
c) Sowjetkongress des Nordgebiets 7 und Stellungnahme des Petrograder Sowjets gegen den Abtransport der Truppen;
d) Beschluss des ZK der Partei über den Aufstand und Bildung des Revolutionären Militärkomitees des Petrograder Sowjets;
e) Beschluss der Petrograder Garnison, dem Petrograder Sowjet bewaffnete Unterstützung zu erweisen, und Organisierung eines Systems von Kommissaren des Revolutionären Militärkomitees;
f) Vorgehen der bolschewistischen Streitkräfte und Verhaftung der Mitglieder der Provisorischen Regierung;
g) Machtergreifung durch das Revolutionäre Militärkomitee des Petrograder Sowjets und Schaffung des Rates der Volkskommissare durch den II. Sowjetkongress.
Als charakteristischer Zug dieser Periode ist die rasche Verschärfung der Krise, die völlige Kopflosigkeit in den Regierungskreisen, die Isolierung der Sozialrevolutionäre und der Menschewiki sowie der Massenübertritt schwankender Elemente auf die Seite der Bolschewiki zu betrachten. Hervorzuheben ist eine originelle Besonderheit der revolutionären Taktik in dieser Periode. Sie, diese Besonderheit, besteht darin, dass die Revolution bemüht ist, jeden oder fast jeden Schritt ihrer Offensive unter dem Schein der Verteidigung zu unternehmen. Zweifellos war die Verhinderung des Abtransports der Truppen aus Petrograd ein ernstlicher Offensivschritt der Revolution, nichtsdestoweniger wurde diese Offensive unter der Losung der Verteidigung Petrograds gegen einen eventuellen Angriff des äußeren Feindes unternommen. Zweifellos war die Bildung des Revolutionären Militärkomitees ein noch ernsterer Offensivschritt gegen die Provisorische Regierung, nichtsdestoweniger wurde sie unter der Losung der Organisierung einer Kontrolle der Sowjets über die Handlungen des Stabs des Militärbezirks vollzogen. Zweifellos bedeuteten der offene Übertritt der Garnison auf die Seite des Revolutionären Militärkomitees und die Organisierung eines Netzes von Sowjetkommissaren den Beginn des Aufstands, nichtsdestoweniger wurden diese Schritte von der Revolution unter der Losung der Verteidigung des Petrograder Sowjets gegen eventuelle Aktionen der Konterrevolution unternommen. Die Revolution maskierte gleichsam ihre Offensivhandlungen mit dem Deckmantel der Verteidigung, um die unentschlossenen und schwankenden Elemente desto leichter in ihren Bann zu ziehen. Daraus erklärt sich wohl auch der äußerlich defensive Charakter der Reden, Artikel und Losungen dieser Periode, die ihrem innern Gehalt nach nichtsdestoweniger einen ausgesprochen offensiven Charakter trugen.
Gab es in dieser Periode Meinungsverschiedenheiten im Zentralkomitee? Ja, es gab solche und keine unwichtigen. Über die Meinungsverschiedenheiten in der Frage des Aufstands habe ich bereits gesprochen. Sie fanden ihre vollständige Widerspiegelung in den Protokollen des ZK vom 10. und 16. Oktober. Ich werde deshalb das bereits Gesagte nicht wiederholen. Jetzt ist es notwendig, auf drei Fragen einzugehen: auf die Beteiligung am Vorparlament, die Rolle der Sowjets beim Aufstand und den Zeitpunkt des Aufstands. Das ist umso notwendiger, als Trotzki, der eifrig bemüht ist, seine Person in den Vordergrund zu rücken, Lenins Stellungnahme zu den beiden letzten Fragen „unversehens“ gefälscht hat.
Zweifellos trugen die Meinungsverschiedenheiten über das Vorparlament ernsten Charakter. Worin bestand sozusagen der Zweck des Vorparlaments? Es sollte der Bourgeoisie helfen, die Sowjets in den Hintergrund zu drängen und das Fundament des bürgerlichen Parlamentarismus zu legen. Oh das Vorparlament angesichts der entstandenen revolutionären Situation diese Aufgabe hätte erfüllen können – ist eine andere Frage. Die Ereignisse haben gezeigt, dass dieses Ziel nicht zu verwirklichen, das Vorparlament selbst aber eine Fehlgeburt des Kornilowputsches war. Es steht jedoch außer Zweifel, dass die Menschewiki und die Sozialrevolutionäre gerade dieses Ziel verfolgten, als sie das Vorparlament ins Leben riefen. Was konnte unter diesen Umständen die Teilnahme der Bolschewiki am Vorparlament bedeuten? Nichts anderes als eine Irreführung der proletarischen Massen über das wahre Gesicht des Vorparlaments. Daraus erklärt sich in erster Linie auch die Leidenschaftlichkeit, mit der Lenin die Anhänger einer Teilnahme am Vorparlament in seinen Briefen geißelt. Die Teilnahme am Vorparlament war zweifellos ein ernster Fehler.
Es wäre jedoch ein Irrtum, wollte man glauben, wie Trotzki das tut, die Anhänger der Teilnahme seien in das Vorparlament gegangen, um sich organisch in seine Arbeit einzuschalten, um „die Arbeiterbewegung in das Fahrwasser der Sozialdemokratie zu leiten“. Das trifft absolut nicht zu. Das ist nicht wahr. Wenn das zuträfe, so wäre es der Partei nicht gelungen, diesen Fehler durch das demonstrative Verlassen des Vorparlaments „im Handumdrehen“ abzustellen. Die Lebensverbundenheit und die revolutionäre Kraft unserer Partei kamen unter anderem gerade darin zum Ausdruck, dass die Partei diesen Fehler im Nu korrigierte.
Sodann gestatten Sie mir, eine kleine Ungenauigkeit richtig zu stellen, die dem „Redakteur“ der Schriften Trotzkis, Lenzner, in der Schilderung unterlaufen ist, die er über die Sitzung der bolschewistischen Fraktion gibt, in der die Frage des Vorparlaments entschieden wurde. Lenzner berichtet, in dieser Sitzung habe es zwei Referenten gegeben: Kamenew und Trotzki. Das stimmt nicht. In Wirklichkeit gab es vier Referenten: zwei, die für den Boykott des Vorparlaments waren (Trotzki und Stalin), und zwei, die für die Teilnahme daran waren (Kamenew und Nogin).
Noch schlimmer verhält es sich mit Trotzki, wo er auf Lenins Stellungnahme zur Form des Aufstands zu sprechen kommt. Trotzki stellt die Dinge so hin, als sei Lenin der Meinung gewesen, die Partei sollte im Oktober die Macht „unabhängig vom Sowjet und hinter seinem Rücken“ ergreifen. Bei seiner nachfolgenden Kritik dieses Unsinns, den er Lenin zuschreibt, lässt Trotzki „alle seine Künste spielen“, um dann in herablassendem Tone mit dem Satz abzuschließen: „Das wäre ein Fehler gewesen.“ Trotzki sagt hier eine Unwahrheit über Lenin, er entstellt die Ansicht Lenins über die Rolle der Sowjets beim Aufstand. Man könnte einen ganzen Haufen Dokumente anführen, die davon zeugen, dass Lenin vorschlug, die Macht durch die Sowjets, durch den Petrograder oder den Moskauer Sowjet, nicht aber hinter dem Rücken der Sowjets zu ergreifen. Wozu braucht Trotzki diese mehr als seltsame Legende über Lenin?
Nicht besser verhält es sich mit Trotzki, wo er die Stellungnahme des ZK und Lenins zum Zeitpunkt des Aufstands „untersucht“. Bei seiner Schilderung der berühmten Sitzung des ZK vom 10. Oktober behauptet Trotzki, in dieser Sitzung sei „eine Resolution dahingehend angenommen worden, dass der Aufstand spätestens am 15. Oktober stattfinden müsse“. Es kommt so heraus, als ob das ZK den Zeitpunkt des Aufstands auf den 15. Oktober festgesetzt, später aber diesen Beschluss selbst durchbrochen und den Aufstand bis zum 25. Oktober hinausgezögert hätte. Trifft das zu? Nein, das trifft nicht zu. Das Zentralkomitee nahm während dieser Periode insgesamt zwei Resolutionen über den Aufstand an, am 10. Oktober und am 16. Oktober. Wir wollen diese Resolutionen verlesen.
Die Resolution des ZK vom 10. Oktober lautet:
„Das Zentralkomitee stellt fest, dass sowohl die internationale Lage der russischen Revolution (der Aufstand in der deutschen Flotte als höchster Ausdruck des Heranreifens der sozialistischen Weltrevolution in ganz Europa, ferner die Gefahr eines Friedens (Offenbar soll es heißen „eines Separatfriedens“. J. St.) der Imperialisten mit dem Ziel, die Revolution in Rußland zu erdrosseln) als auch die militärische Lage (der nicht zu bezweifelnde Entschluss der russischen Bourgeoisie sowie Kerenskis und Konsorten, Petrograd den Deutschen auszuliefern) und die Eroberung der Mehrheit in den Sowjets durch die proletarische Partei – dass all dies im Zusammenhang mit dem Bauernaufstand und mit der Tatsache, dass sich das Vertrauen des Volkes unserer Partei zugewandt hat (Wahlen in Moskau), und endlich die offenkundige Vorbereitung eines zweiten Kornilowputsches (Abtransport von Truppen aus Petrograd, Zusammenziehung von Kosaken bei Petrograd, Umzingelung von Minsk durch Kosaken usw.) – dass all dies den bewaffneten Aufstand auf die Tagesordnung setzt.
Das Zentralkomitee stellt somit fest, dass der bewaffnete Aufstand unumgänglich und völlig herangereift ist, und fordert alle Parteiorganisationen auf, sich hiervon leiten zu lassen und von diesem Gesichtspunkt aus alle praktischen Fragen zu behandeln und zu entscheiden (Sowjetkongress des Nordgebiets, Abtransport von Truppen aus Petrograd, die Aktionen der Moskauer und der Minsker usw.).“
Siehe W. I. Lenin, „Werke“, 4. Ausgabe, Bd. 26, 5.162 (russ.).
Die Resolution der Beratung des ZK mit den verantwortlichen Funktionären vom 16. Oktober lautet:
„Die Versammlung begrüßt die Resolution des ZK und billigt sie voll und ganz; sie fordert alle Organisationen und alle Arbeiter und Soldaten zur allseitigen und tatkräftigen Vorbereitung des bewaffneten Aufstands, zur Unterstützung des vom Zentralkomitee zu diesem Zweck geschaffenen Zentrums auf und gibt der vollen Überzeugung Ausdruck, dass das ZK und der Sowjet rechtzeitig den günstigen Zeitpunkt und die zweckmäßigen Mittel des Angriffs angeben werden.“
Siehe W. I. Lenin, „Werke“, 4. Ausgabe, Bd. 26, S. 165 (russ.).
Wie Sie sehen, ist Trotzki, was den Zeitpunkt des Aufstands und die Resolution des ZK über den Aufstand anbelangt, von seinem Gedächtnis im Stich gelassen worden.
Trotzki hat völlig unrecht, wenn er behauptet, Lenin habe die Sowjetlegalität unterschätzt, Lenin sei sich der ernsten Bedeutung der Machtergreifung durch den Allrussischen Sowjetkongress am 25. Oktober nicht bewusst gewesen und habe eben deswegen gefordert, man solle die Macht vor dem 25. Oktober ergreifen. Das stimmt nicht. Lenin schlug aus zwei Gründen vor, die Macht vor dem 25. Oktober zu ergreifen. Erstens, weil die Konterrevolutionäre Petrograd jeden Augenblick ausliefern konnten, was den anwachsenden Aufstand viel Blut gekostet hätte, und weil in Anbetracht dessen jeder Tag kostbar war. Zweitens, weil der Fehler des Petrograder Sowjets, der den Tag des Aufstands (25. Oktober) offen festgelegt und weitgehend publik gemacht hatte, nicht anders korrigiert werden konnte, als dadurch, dass der Aufstand tatsächlich vor diesem legalen Zeitpunkt des Aufstands durchgeführt wurde. Die Sache ist die, dass Lenin den Aufstand als eine Kunst betrachtete und deshalb sehr wohl wusste, dass der (durch die Unvorsichtigkeit des Petrograder Sowjets) über den Tag des Aufstands unterrichtete Feind unbedingt bemüht sein würde, sich auf diesen Tag vorzubereiten, dass es deshalb notwendig war, dem Feind zuvorzukommen, das heißt den Aufstand unbedingt vor dem legalen Zeitpunkt zu beginnen. Daraus erklärt sich hauptsächlich auch die Leidenschaftlichkeit, mit der Lenin in seinen Briefen diejenigen geißelte, die aus dem Datum, dem 25. Oktober, einen Fetisch machten. Die Ereignisse haben bewiesen, dass Lenin völlig Recht hatte. Bekanntlich wurde der Aufstand vor dem Allrussischen Sowjetkongress begonnen. Bekanntlich wurde die Macht faktisch vor Eröffnung des Allrussischen Sowjetkongresses ergriffen, und ergriffen wurde sie nicht vom Sowjetkongress, sondern vom Petrograder Sowjet, vom Revolutionären Militärkomitee. Der Sowjetkongress hat die Macht lediglich aus den Händen des Petrograder Sowjets empfangen. Und darum sind Trotzkis langatmige Betrachtungen über die Bedeutung der Sowjetlegalität völlig überflüssig.
Eine lebendige und mächtige Partei, an der Spitze der revolutionären Massen, die gegen die Macht der Bourgeoisie Sturm laufen und sie stürzen – das war der Zustand unserer Partei in dieser Periode.
So verhält es sich mit den Legenden über die Vorbereitung des Oktobers.
III. Trotzkismus oder Leninismus?
Wir haben bereits oben von den Legenden gesprochen, die Trotzki und seine Gesinnungsgenossen in Verbindung mit dem Oktober und seiner Vorbereitung gegen die Partei und über Lenin verbreiten. Wir haben diese Legenden entlarvt und widerlegt. Nun erhebt sich aber die Frage:
Wozu brauchte Trotzki alle diese Legenden über den Oktober und die Vorbereitung des Oktobers, über Lenin und die Partei Lenins? Wozu die neuen literarischen Ergüsse Trotzkis gegen die Partei? Was ist der Sinn, die Aufgabe, der Zweck dieser Ergüsse heute, da die Partei nicht diskutieren will, da die Partei mit einer Unmenge unaufschiebbarer Aufgaben überhäuft ist, da die Partei einmütige Arbeit am Wiederaufbau der Wirtschaft, nicht aber einen neuen Kampf um alte Fragen braucht? Wozu musste Trotzki die Partei zu neuen Diskussionen zurückzerren?
Trotzki versichert, das alles sei notwendig, um den Oktober „zu studieren“. Kann man denn aber den Oktober wirklich nicht studieren, ohne wieder einmal der Partei und ihrem Führer Lenin eins zu versetzen? Was ist das für eine „Geschichte“ des Oktober, die damit beginnt und endet, dass der Haupthandelnde des Oktoberaufstands, die Partei, die diesen Aufstand organisiert und durchgeführt hat, diffamiert wird? Nein, es geht hier nicht um das Studium des Oktobers. So studiert man nicht den Oktober. So schreibt man nicht die Geschichte des Oktobers. Offenbar liegt hier eine andere „Absicht“ vor. Und allem Anschein nach besteht diese „Absicht“ darin, dass Trotzki in seinen literarischen Ergüssen noch einen (noch einen!) Versuch macht, Vorbedingungen zu schaffen, um den Leninismus durch Trotzkismus ersetzen zu können. Trotzki muss „auf Biegen oder Brechen“ die Partei und ihre Kader, die den Aufstand durchgeführt haben, diffamieren, um von der Diffamierung der Partei zur Diffamierung des Leninismus überzugehen. Die Diffamierung des Leninismus aber braucht er, um den Trotzkismus als die „einzige“, „proletarische“ (Scherz beiseite!) Ideologie einzuschmuggeln. All das geschieht selbstverständlich (oh, selbstverständlich!) unter der Flagge des Leninismus, damit die Prozedur des Einschmuggelns „möglichst schmerzlos“ vor sich gehe.
Darin liegt das Wesen der letzten literarischen Ergüsse Trotzkis.
Deshalb machen diese literarischen Ergüsse Trotzkis es notwendig, die Frage des Trotzkismus mit aller Schärfe zu behandeln.
Also was ist der Trotzkismus?
Der Trotzkismus hat drei Besonderheiten aufzuweisen, die ihn in einen unversöhnlichen Gegensatz zum Leninismus bringen.
Was sind das für Besonderheiten?
Erstens. Trotzkismus ist die Theorie der „permanenten“ (ununterbrochenen) Revolution. Was ist nun aber die permanente Revolution nach der trotzkistischen Auffassung? Es ist eine Revolution ohne Berücksichtigung der unbemittelten Bauernschaft als einer revolutionären Kraft. Die „permanente“ Revolution Trotzkis ist, wie Lenin sagt, ein „überspringen“ der Bauernbewegung, ein „Spiel mit der Machtergreifung“. Worin besteht ihre Gefährlichkeit? Darin, dass eine solche Revolution, sollte man versuchen, sie durchzuführen, unvermeidlich mit einem Zusammenbruch enden würde, denn sie würde den Verbündeten des russischen Proletariats, das heißt die unbemittelte Bauernschaft, vom russischen Proletariat loslösen. Daraus erklärt sich auch der Kampf, den der Leninismus schon seit 1905 gegen den Trotzkismus führt.
Wie schätzt Trotzki den Leninismus vom Standpunkt dieses Kampfes ein? Er betrachtet ihn als eine Theorie, die „antirevolutionäre Züge“ aufweist. Worauf beruht dieses grimmige Urteil über den Leninismus? Darauf, dass der Leninismus seinerzeit die Idee der Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft verfocht und sie durchsetzte.
Trotzki beschränkt sich nicht auf dieses grimmige Urteil. Er geht weiter und behauptet: „Das gesamte Gebäude des Leninismus ist gegenwärtig auf Lüge und Fälschung aufgebaut und trägt den Giftkeim seiner eigenen Zersetzung in sich“ (siehe den Brief Trotzkis an Tschcheidse von 1913). Wie Sie sehen, haben wir es mit zwei entgegengesetzten Linien zu tun.
Zweitens. Trotzkismus bedeutet Misstrauen gegenüber dem Wesen der bolschewistischen Partei, gegenüber ihrer homogenen Geschlossenheit, gegenüber ihrer Feindschaft gegen opportunistische Elemente. Auf organisatorischem Gebiet ist der Trotzkismus die Theorie des Nebeneinanderlebens von Revolutionären und Opportunisten, ihrer Gruppierungen und Grüppchen im Schoße einer gemeinsamen Partei. Sicher ist Ihnen die Geschichte des Augustblocks Trotzkis bekannt, in dem Martowanhänger und Otsowisten, Liquidatoren und Trotzkisten traulich zusammenwirkten und sich als eine „wirkliche“ Partei aufspielten. Bekanntlich verfolgte dieses Flickwerk von „Partei“ das Ziel, die bolschewistische Partei zu zerstören. Worin bestanden damals „unsere Meinungsverschiedenheiten“? Darin, dass der Leninismus das Unterpfand für die Entwicklung der proletarischen Partei in der Zerstörung des Augustblocks erblickte, während der Trotzkismus in diesem Block die Grundlage für die Schaffung einer „wirklichen“ Partei sah.
Wie Sie sehen, haben wir es wiederum mit zwei entgegengesetzten Linien zu tun.
Drittens. Trotzkismus bedeutet Misstrauen gegenüber den Führern des Bolschewismus, bedeutet den Versuch, sie zu diskreditieren, sie zu diffamieren. Ich kenne keine einzige Strömung in der Partei, die sich mit dem Trotzkismus messen könnte, was die Diskreditierung der Führer des Leninismus oder der zentralen Institutionen der Partei anbelangt. Was soll man zum Beispiel zu dem „liebenswürdigen“ Urteil Trotzkis über Lenin sagen, demzufolge Lenin als „berufsmäßiger Ausbeuter jeglicher Rückständigkeit in der russischen Arbeiterbewegung“ charakterisiert wird (siehe ebenda). Das ist aber bei weitem noch nicht das „liebenswürdigste“ Urteil aller vorliegenden „liebenswürdigen“ Urteile Trotzkis.
Wie konnte es geschehen, dass Trotzki, der einen so unangenehmen Ballast mit sich schleppt, während der Oktoberbewegung dennoch in die Reihen der Bolschewiki geriet? Das geschah, weil Trotzki damals seinen Ballast abwarf (faktisch abwarf), ihn in den Schrank sperrte. Ohne diese „Operation“ wäre eine ernstliche Zusammenarbeit mit Trotzki unmöglich gewesen. Die Theorie des Augustblocks, das heißt die Theorie der Einheit mit den Menschewiki, war bereits zerschlagen und von der Revolution hinweggefegt worden, denn von was für einer Einheit konnte während eines bewaffneten Kampfes zwischen Bolschewiki und Menschewiki überhaupt die Rede sein? Trotzki blieb nur übrig, die Tatsache anzuerkennen, dass diese Theorie unbrauchbar ist.
Mit der Theorie der permanenten Revolution „passierte“ dieselbe unangenehme Geschichte, denn keiner der Bolschewiki dachte auch nur daran, die Macht unverzüglich am Tage nach der Februarrevolution zu ergreifen, und Trotzki musste wissen, dass die Bolschewiki ihm nicht erlauben würden, „mit der Machtergreifung zu spielen“, um Lenins Worte zu gebrauchen. Trotzki blieb nur übrig, die Politik der Bolschewiki, die Politik des Kampfes um den Einfluss in den Sowjets, des Kampfes um die Gewinnung der Bauernschaft anzuerkennen. Was die dritte Besonderheit des Trotzkismus anbelangt (das Misstrauen gegenüber den bolschewistischen Führern), so musste sie angesichts des offenen Fiaskos der ersten beiden Besonderheiten naturgemäß in den Hintergrund treten.
Konnte denn Trotzki bei einer solchen Sachlage anders, als seinen Ballast in den Schrank sperren und den Bolschewiki folgen, er, der keine auch nur einigermaßen ernstliche Gruppe hinter sich hatte und der als politischer Einzelgänger ohne Armee zu. den Bolschewiki gekommen war? Selbstverständlich konnte er nicht anders!
Welche Lehre ergibt sich nun daraus? Nur die eine Lehre: Eine dauerhafte Zusammenarbeit der Leninisten mit Trotzki ist nur möglich, wenn dieser seinen alten Ballast vollends abwirft, wenn er sich dem Leninismus vollends anschließt. Trotzki schreibt über die Lehren des Oktobers, doch vergisst er, dass es neben allen übrigen Lehren noch eine Lehre des Oktobers gibt, die Lehre, die ich soeben dargelegt habe und die für den Trotzkismus von erstrangiger Bedeutung ist. Es wäre gut, wenn der Trotzkismus auch diese Lehre des Oktobers beherzigen wollte.
Aber wie man sieht, hat diese Lehre dem Trotzkismus nicht gefruchtet. Die Sache ist die, dass der alte, während der Tage der Oktoberbewegung in den Schrank gesperrte Ballast des Trotzkismus jetzt wieder ans Tageslicht gezerrt wird in der Hoffnung, ihn an den Mann bringen zu können – der Markt erweitert sich ja bei uns. Zweifellos haben wir es bei Trotzkis neuen literarischen Ergüssen mit einem Versuch zu tun, zum Trotzkismus zurückzukehren, den Leninismus „zu überwinden“, alle Besonderheiten des Trotzkismus einzuschmuggeln und zu verbreiten. Der neue Trotzkismus ist nicht einfach eine Wiederholung des alten Trotzkismus, er ist ziemlich zerrupft und abgewetzt, ist unvergleichlich weicheren Geistes und gemäßigterer Form als der alte Trotzkismus, aber zweifellos bewahrt er im Grunde genommen alle Besonderheiten des alten Trotzkismus. Der neue Trotzkismus wagt nicht, als militante Kraft gegen den Leninismus aufzutreten, er zieht es vor, unter der gemeinsamen Flagge des Leninismus zu wirken und sich unter der Losung einer Auslegung und Verbesserung des Leninismus zu betätigen. Das kommt daher, weil er schwach ist. Man kann die Tatsache nicht als Zufall betrachten, dass das Auftreten des neuen Trotzkismus zeitlich mit Lenins Ableben zusammenfiel. Zu Lenins Lebzeiten hätte er sich nicht zu diesem gewagten Schritt entschlossen.
Worin bestehen die charakteristischen Züge des neuen Trotzkismus?
1. In der Frage der „permanenten“ Revolution. Der neue Trotzkismus hält es nicht für notwendig, die Theorie der „permanenten“ Revolution offen zu vertreten. Er stellt „einfach“ fest, die Oktoberrevolution habe die Idee der „permanenten“ Revolution voll und ganz bestätigt. Hieraus zieht er folgenden Schluss: Wichtig und annehmbar am Leninismus ist das, was nach dem Kriege, in der Periode der Oktoberrevolution war, und umgekehrt, falsch und unannehmbar am Leninismus ist das, was vor dem Kriege, vor der Oktoberrevolution war. Hieraus ergibt sich die Theorie der Trotzkisten von der Zweiteilung des Leninismus: in den Vorkriegsleninismus, den „alten“, „unbrauchbaren“ Leninismus mit seiner Idee der Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft, und in den neuen, Nachkriegsleninismus, Oktoberleninismus, den sie den Forderungen des Trotzkismus anzupassen gedenken. Diese Theorie der Zweiteilung des Leninismus braucht der Trotzkismus als den ersten, mehr oder weniger „annehmbaren“ Schritt, der ihm die nächsten Schritte im Kampf gegen den Leninismus erleichtern soll.
Der Leninismus ist aber keine eklektische Theorie, die aus verschieden-artigen Elementen zusammengekleistert wäre und ihre Zweiteilung ermöglichte. Der Leninismus ist eine in sich geschlossene Theorie, die 1903 entstanden ist, die Prüfungen dreier Revolutionen bestanden hat und jetzt dem Weltproletariat als Kampfbanner voran getragen wird.
„Als Strömung des politischen Denkens“, sagt Lenin, „und als politische Partei besteht der Bolschewismus seit dem Jahre 1903. Nur die Geschichte des Bolschewismus in der ganzen Zeit seines Bestehens vermag befriedigend zu erklären, warum er imstande war, die für den Sieg des Proletariats notwendige eiserne Disziplin zu schaffen und sie unter den schwierigsten Verhältnissen aufrechtzuerhalten.“ (Siehe 4. Ausgabe, Bd. 31, S. 8 [deutsch in „Ausgewählte Werke“ in zwei Bänden, Bd. II, S.672].)
Bolschewismus und Leninismus sind eins. Es sind zwei Namen für ein und dieselbe Sache. Deshalb ist die Theorie von der Zweiteilung des Leninismus eine Theorie der Zerstörung des Leninismus, eine Theorie der Ersetzung des Leninismus durch den Trotzkismus.
Es erübrigt sich zu sagen, dass die Partei mit dieser seltsamen Theorie nicht einverstanden sein kann.
2. In der Frage des Parteiprinzips. Der alte Trotzkismus wollte das bolschewistische Parteiprinzip mit Hilfe der Theorie (und Praxis) einer Einheit mit den Menschewiki untergraben. Diese Theorie hat jedoch einen derart schmählichen Schiffbruch erlitten, dass man sich an sie nicht einmal mehr erinnern möchte. Um das Parteiprinzip zu untergraben, erfand der moderne Trotzkismus eine neue, weniger Anstoß erregende und fast „demokratische“ Theorie, die Theorie der Gegenüberstellung der alten Kader und der jungen Parteimitglieder. Für den Trotzkismus existiert keine einheitliche und geschlossene Geschichte unserer Partei. Der Trotzkismus zerlegt die Geschichte unserer Partei in zwei ungleichwertige Teile, in die Zeit vor dem Oktober und in die Zeit nach dem Oktober. Der Teil der Geschichte unserer Partei, der vor dem Oktober liegt, sei eigentlich nicht die Geschichte, sondern die „Vorgeschichte“, eine unwichtige oder jedenfalls eine nicht sehr wichtige Vorbereitungsperiode unserer Partei. Der Teil der Geschichte unserer Partei, der nach dem Oktober liegt, sei dagegen die wirkliche, die eigentliche Geschichte. Dort die „alten“, „vor-historischen“, unwichtigen Kader unserer Partei. Hier die neue, wirkliche, „historische“ Partei. Es braucht wohl kaum bewiesen zu werden, dass dieses originelle Schema der Parteigeschichte ein Schema zur Untergrabung der Einheit zwischen den alten und den neuen Kadern unserer Partei, ein Schema zur Zerstörung des bolschewistischen Parteiprinzips ist.
Es erübrigt sich zu sagen, dass die Partei mit diesem seltsamen Schema nicht einverstanden sein kann.
3. In der Frage der Führer des Bolschewismus. Der alte Trotzkismus war bemüht, Lenin mehr oder weniger offen zu diffamieren, ohne sich um die Folgen zu kümmern. Der neue Trotzkismus geht vorsichtiger vor. Er ist bemüht, das Werk des alten Trotzkismus unter dem Schein der Lobpreisung, unter dem Schein der Verherrlichung Lenins zu vollbringen. Ich glaube, dass es sich lohnt, einige Beispiele anzuführen.
Die Partei kennt Lenin als unerbittlichen Revolutionär. Sie weiß aber auch, dass Lenin vorsichtig war, dass er es nicht leiden konnte, wenn jemand über die Stränge schlug, und nicht selten mit fester Hand Terrorliebhabern in die Zügel fiel, darunter auch Trotzki selbst. Trotzki berührt dieses Thema in seinem Buch „Über Lenin“. Seiner Charakteristik zufolge aber würde Lenin so gut wie nichts anderes getan haben, als „bei jeder passenden Gelegenheit den Gedanken von der Unvermeidlichkeit des Terrors einzuhämmern“. Es entsteht der Eindruck, als ob Lenin der blutdürstigste aller blutdürstigen Bolschewiki gewesen wäre.
Wozu brauchte Trotzki diese überflüssige und durch nichts zu rechtfertigende dicke Auftragung der Farben?
Die Partei kennt Lenin als vorbildliches Parteimitglied, der es nicht liebte, Fragen allein zu entscheiden, ohne ein leitendes Kollegium, auf Anhieb, ohne sorgfältiges Sondieren und Überprüfen. Trotzki kommt in seinem Buch auch auf diese Seite der Sache zu sprechen. Aber was er schildert, ist nicht Lenin, sondern eine Art chinesischer Mandarin, der die wichtigsten Fragen in der Stille seines Arbeitszimmers aus Eingebung entscheidet.
Sie wollen wissen, wie unsere Partei über die Auseinanderjagung der Konstituierenden Versammlung entschied? Hören Sie Trotzki:
„´Selbstverständlich muss die Konstituierende Versammlung auseinandergejagt werden´, sagte Lenin, ´aber wie steht es mit den linken Sozialrevolutionären?´
Allein der alte Natanson erfreute uns sehr. Er kam zu uns, um sich ´zu beratschlagen´, und meinte gleich bei den ersten Worten: ´Die Konstituierende Versammlung wird wohl doch mit Gewalt auseinandergejagt werden müssen.´
´Bravo!´, rief Lenin aus, ´das ist ein wahres Wort! Werden die Ihrigen aber damit einverstanden sein?´
´Einige schwanken bei uns, doch glaube ich, dass sie schließlich zustimmen werden´, antwortete Natanson.“
So wird Geschichte geschrieben.
Sie wollen wissen, wie die Partei über die Frage eines Obersten Kriegsrats entschied? Hören Sie Trotzki:
„´Ohne seriöse und erfahrene Militärs werden wir aus diesem Chaos nicht herauskommen´, sagte ich Wladimir Iljitsch jedesmal nach einem Besuch beim Stab.
´Das scheint richtig zu sein. Wenn sie nur nicht Verrat üben…´ ´Wir stellen einem jeden einen Kommissar zur Seite.´
´Noch besser zwei Kommissare´, rief Lenin aus, ´und zwar Leute, die richtig zupacken können. Es kann doch nicht sein, dass es bei uns keine Kommunisten mit richtigen Fäusten gibt.´
So kam es zum Aufbau des Obersten Kriegsrats.“
So schreibt Trotzki Geschichte.
Wozu braucht Trotzki diese Lenin kompromittierenden orientalischen Märchen? Etwa, um den Führer der Partei, W. I. Lenin, zu verherrlichen? Es sieht nicht danach aus.
Die Partei kennt Lenin als größten Marxisten unserer Zeit, als tiefschürfenden Theoretiker und erfahrensten Revolutionär, dem jede Spur von Blanquismus fremd ist. Trotzki kommt in seinem Buch auch auf diese Seite der Sache zu sprechen. Aus seiner Charakteristik aber ersteht nicht der Riese Lenin, sondern ein zwerghafter Blanquist, der der Partei in den Oktobertagen rät, „die Macht mit eigener Hand zu ergreifen, unabhängig vom Sowjet und hinter seinem Rücken“. Ich habe jedoch schon davon gesprochen, dass diese Charakteristik nicht im Geringsten der Wirklichkeit entspricht.
Wozu braucht Trotzki diese schreiende … Ungenauigkeit? Haben wir es hier nicht mit einem Versuch zu tun, Lenin „ein klein wenig“ zu diffamieren?
Das sind die Charakterzüge des neuen Trotzkismus.
Weshalb ist der neue Trotzkismus gefährlich? Weil der Trotzkismus seinem ganzen inneren Gehalt nach alle Chancen hat, zum Mittelpunkt und Sammelbecken nichtproletarischer Elemente zu werden, die die Schwächung, die Zersetzung der Diktatur des Proletariats anstreben.
Was aber weiter? – wird man fragen. Welches sind die nächsten Aufgaben der Partei angesichts der neuen literarischen Ergüsse Trotzkis?
Das jetzige Vorgehen des Trotzkismus hat den Zweck, den Bolschewismus zu diffamieren und seine Grundlagen zu untergraben. Die Aufgabe der Partei besteht darin, den Trotzkismus als ideologische Strömung zu begraben.
Man spricht von Repressalien gegen die Opposition und von der Möglichkeit einer Spaltung. Das ist Unsinn, Genossen. Unsere Partei ist stark und mächtig. Sie wird keine Spaltungen zulassen. Was die Repressalien anbelangt, so bin ich entschieden dagegen. Nicht Repressalien, sondern einen entfalteten ideologischen Kampf gegen den wiederauflebenden Trotzkismus brauchen wir jetzt.
Wir haben diese literarische Diskussion nicht gewollt und nicht angestrebt. Der Trotzkismus zwingt sie uns durch seine antileninistischen Vorstöße auf. Nun, wir sind bereit, Genossen.
Anmerkungen
1. 70 Die „Kontaktkommission“, bestehend aus Tschcheidse, Steklow, Suchanow, Filippowski und Skobelew (später gehörten ihr auch Tschernow und Zereteli an), wurde von dem menschewistisch-sozialrevolutionären Exekutivkomitee des Petrograder Sowjets der Arbeiter- und Soldatendeputierten am 7. März 1917 zur Herstellung des Kontakts mit der Provisorischen Regierung, zwecks „Einwirkung“ auf diese und zwecks „Kontrolle“ ihrer Tätigkeit eingesetzt. In Wirklichkeit half die „Kontaktkommission“ der Provisorischen Regierung bei der Durchführung ihrer bürgerlichen Politik und suchte die Arbeitermassen vom aktiven revolutionären Kampf für den Übergang der gesamten Macht an die Sowjets zurückzuhalten. Die „Kontaktkommission“ bestand bis Mai 1917, als die Vertreter der Menschewiki und der Sozialrevolutionäre direkt in die Provisorische Regierung eintraten.
2. Siehe W.I. Lenin, „Werke“, 4. Ausgabe, Bd. 24, S.1-7 [deutsch in „Ausgewählte Werke“ in zwei Bänden, Bd. II, S.7-11].
3. Die Petrograder Stadtkonferenz der SDAPR(B) tagte vom 27. April bis zum 5. Mai (14.-22. April) 1917. Es waren 57 Delegierte anwesend. An der Konferenz nahmen W. I. Lenin und J. W. Stalin teil. W. I. Lenin hielt ein Referat über die gegenwärtige Lage, dem seine Aprilthesen zugrunde lagen. J. W. Stalin war Mitglied der Kommission, die zu dem Referat W.I. Lenins eine Resolution ausarbeitete.
4. Über die VII. Allrussische Aprilkonferenz der Bolschewiki siehe „Geschichte der KPdSU(B), Kurzer Lehrgang“, S. 180-184 [deutsche Ausgabe, Berlin 1951, S. 235-239].
5. Siehe W. I. Lenin, „Werke“, 4. Ausgabe, Bd. 23, S. 289-333 [deutsch in „Ausgewählte Werke“ in zwei Bänden, Bd. I, S. 887-898].
6. Siehe „Rede W. I. Lenins in der Sitzung des Petrograder Komitees der SDAPR(B) vom 24. (11.) Juni 1917 aus Anlass der Absage der Demonstration“ („Werke“, 4. Ausgabe, Bd. 25, S. 62/63, russ.).
7. 76 Der Kongress der Sowjets der Arbeiter- und Soldatendeputierten des Nordgebiets tagte vom 24. bis zum 26.01.-13.) Oktober 1917 unter Leitung der Bolschewiki in Petrograd. Es waren Vertreter von Petrograd, Moskau, Kronstadt, Nowgorod, Reval, Helsingfors, Wiborg und anderen Städten – insgesamt 94 Delegierte, davon 51 Bolschewiki – anwesend. Der Kongress beschloss eine Resolution über die Notwendigkeit des sofortigen Übergangs der gesamten Macht an die Sowjets sowohl im Zentrum als auch im Lande, richtete an die Bauern den Aufruf, den Kampf für die Macht der Sowjets zu unterstützen, und rief die Sowjets selbst zu aktiven Aktionen sowie zur Schaffung revolutionärer Militärkomitees zwecks Organisierung der militärischen Verteidigung der Revolution auf. Der Kongress bildete ein Komitee des Nordgebiets und beauftragte es, die Einberufung des II. Allrussischen Sowjetkongresses vorzubereiten und die Tätigkeit aller Gebietssowjets zusammenzufassen.