8. Juli 1932 // Reden
Ernst Thälmann // Wie schaffen wir die rote Einheitsfront? – Antwort auf 21 Fragen von SPD-Arbeitern

Wie schaffen wir die rote Einheitsfront? – Antwort auf 21 Fragen von SPD-Arbeitern

8. Juli 1932

Thälmann, Ernst: Auswahl der Reden und Schriften, Bd. 3, Stuttgart 1977, S. 361 – 387


Wir Kommunisten wollen mit dieser Aussprache keine politischen Geschäfte machen. Die brennenden Probleme, die schärferen Zuspitzungen der Klassengegensätze, die Gefahr der unmittelbaren Aufrichtung der faschistischen Diktatur haben uns zu der heutigen Aussprache zusammengeführt. Unsere sozialdemokratischen Genossen sollen sich nicht scheuen, das auszusprechen, was sie denken, sie müssen sagen, wo sie der Schuh drückt, müssen auch sagen, welche etwaigen Beschwerden sie über unsere Partei haben. Nur so schaffen wir Klarheit im Kampfe gegen den gemeinsamen Feind aller Arbeiter, gegen den Faschismus und Kapitalismus.

1. Frage: Wie schätzen die Kommunisten den Charakter der Papen-Regierung ein?

Die Verschärfung der kapitalistischen Krise, die zusätzlichen Schwierigkeiten, die sich aus dem Versailler Vertrag ergeben, besonders aber die wachsende Aktivität des Proletariats im Kampfe gegen die Bourgeoisie machten die Anwendung verschärfter Unterdrückungs- und Faschisierungsmaßnahmen seitens der Bourgeoisie zur Aufrechterhaltung ihrer Diktaturherrschaft notwendig. Das jetzige Papen-Kabinett ist ohne die von der SPD hervorragend beeinflußte Politik von 1918 bis 1932, insbesondere ohne die Preußenpolitik und die seit Dezember 1930 mit verschärften Methoden seitens der Brüning-Regierung gegen das Proletariat durchgeführten Faschisierungsmaßnahmen, undenkbar.

Der Charakter der Papen-Regierung ist natürlich gekennzeichnet durch eine Reihe anderer Merkmale als der Charakter der Brüning-Regierung, trotzdem wir ausdrücklich betonen, daß sich am Klasseninhalt der Diktatur der Bourgeoisie nichts geändert hat. In der vergangenen Periode, der sogenannten „Demokratie“, auch in den Jahren nach der Revolution von 1918, herrschte rücksichtslos das Finanzkapital.

Brüning mit seiner Flut von Notverordnungen wurde toleriert von der Sozialdemokratie, während die Papen-Regierung versucht, das Verhältnis der Wechselbeziehungen zu den wichtigsten Stützen, zur SPD und zur NSDAP zu ändern, und bestrebt ist, die nationalsozialistische Massenbewegung, den Blutterror der SA an erster Stelle zur Stütze seiner Kabinettspolitik zu machen.

Die Faschisierung, die seit Brüning besonders stark einsetzte, soll durch das Papen-Kabinett außerordentlich beschleunigt werden. Mit der Faschisierung wachsen auch die Klassengegensätze und wächst die Kriegsgefahr gegen die Sowjetunion. Mit der Konstituierung des Papen-Kabinetts, vor allem aus Vertretern des Trustkapitals, der Generalität und des Junkertums, steigert sich die Ausplünderung und Ausbeutung der werktätigen Volksmassen zu einer äußersten Bedrohung ihrer Lebensexistenz. Die Papenschen Notverordnungen, der brutale Faustschlag gegen die Erwerbslosen, Rentner und Kriegsbeschädigten, ferner die Salzsteuer, Beschäftigtensteuer usw., haben unzweideutig den Klassencharakter dieser Regierung enthüllt.

Die Papen-Regierung ist keineswegs ein Kabinett der „Nazi-Barone“, wie die SPD sagt. Damit will die sozialdemokratische Partei den Anschein erwecken, als ob Teile des Finanzkapitals aus dem Regierungs- und Herrschaftssystem ausgeschaltet seien. Gerade die Schwerindustrie und das Chemiekapital haben neben den überwiegend starken Positionen der Feudalherren im Papen-Kabinett ein starkes Gewicht. Diese Tatsache zu übersehen und bewußt verschweigen, wie es die SPD tut, bedeutet eine Ablenkung der Arbeiter von einem der wichtigsten Charakterzüge dieses faschistischen Kabinetts und von einem wichtigen Frontabschnitt, auf dem der Kampf eingesetzt werden muß.

Die sogenannte „süddeutsche Fronde“, jene „Oppositionshaltung Bayerns, Württembergs, Badens usw., entspringt keineswegs antifaschistischen und freiheitskämpferischen Motiven, wie die SPD behauptet. Sie ist vielmehr nur der Niederschlag bedeutsamer Differenzen im Lager der Bourgeoisie und spiegelt gewisse ökonomische und politische Sonderinteressen besonders der Landwirtschaft, der Klein-und Mittelindustrie wider.

Die Papen-Regierung, die sich die unmittelbare Aufrichtung der faschistischen Diktatur zum Ziele gesetzt hat, ruft die Antifaschistische Aktion auf den Plan zur Massenmobilisierung gegen die faschistische Offensive der Bourgeoisie.

2. Frage: Warum ist das Verbot der KPD und des Kommunistischen Jugendverbandes augenblicklich akut?

Nach dem deutsch-französischen Kriege von 1870/71 verschärfte die deutsche Bourgeoisie in aggressivster Form ihren imperialistischen und annexionistischen Kurs. Ein großer Raubzug an den deutschen Arbeitermassen, die Schutzzollpolitik und eine Kette reaktionärer Maßnahmen waren durchzuführen. Daher erfolgte die Terrorperiode des Sozialistengesetzes mit dem Verbot der alten Sozialdemokratie im Jahre 1878. Das Reichsvereinsgesetz vom Jahre 1908 war ein reaktionärer polizeidiktatorischer Anschlag gegen die arbeitende Jugend. In der Zeit von 1914 bis 1918 wurden Liebknecht, Rosa Luxemburg, Klara Zetkin und Franz Mehring in die Kerker geworfen, der Spartakusbund wurde verfolgt, weil er unter Karls und Rosas Führung die Kriegsverbrechen und die monarchistische Diktatur schonungslos bekämpfte.

Das Verbot der KPD Ende 1923 geschah zu dem Zweck, die aufstrebende revolutionäre Arbeiterklasse, die den Kanzler Cuno gestürzt hatte, an einer weiteren Machtentfaltung zu hindern.

Kurzum: Jede Verbotsmaßnahme der Bourgeoisie gegen proletarische Organisationen stand und steht im Zusammenhang mit Anschlägen gegen die Interessen des Proletariats. Das RFB-Verbot diente der Unterstützung des Faschismus. Das Freidenkerverbot dient den reaktionären mittelalterlichen Finsterlingen. Die Brüningschen Weihnachtsund Oster„burgfrieden“ dienten dem Lohnraub, den Notverordnungs- und anderen volksfeindlichen Angriffen!

Wie das japanische Beispiel lehrt, werden Verbote der Kommunistischen Partei im jetzigen Stadium vor allem auch aus Gründen der imperialistischen Kriegspolitik ausgesprochen. Die japanischen Kriegsräuber begannen dann erst ihren Marsch in die Mandschurei und an die Sowjetgrenze, als sie die KP Japans bereits verboten hatten.

Methoden der Provokation und der Verleumdung spielen bei diesen Verboten eine große Rolle, 1878 versuchte man die alte Sozialdemokratie in Verbindung zu bringen mit den Kaiser-Attentätern Nobeling und Hödel.

In Europa erlebten wir vor kurzem die Attentate von Matuschka, von Wassiljew und Stern, von Gorgulow usw. Immer brüllte die Bürgermeute, daß es sich um Kommunisten handle! Schon Bismarck sagte, daß man die Sozialisten nur erledigen könne, wenn man sie zu „Verzweizweifllungsakten bringe“. Die „Hamburger Nachrichten“, ein besonders der Deutschnationalen Partei nahestehendes Organ, schreibt heute bereits mit aller Offenheit: „Jeder erschossene Kommunist bedeutet Leben vieler Hunderter von Bürgern . .. unschuldige Kommunisten gibt es nicht. – Also fort mit diesem Mordgesindel.“

Heute brüllt die faschistische Presse nach dem Verbot mit der Begründung, die KPD sei „keine deutsche Partei“, während in unsere Reihen im gemeinsamen Kampfe mit der KP Frankreichs, Polens und mit der UdSSR die entschlossensten Kämpfer für die Befreiung Deutschlands vom Versailler Joch stehen.

Ganz klar: Das Papen-Kabinett, das neue Notverordnungen vorbereitet, endgültig die letzten Reste der Sozial- und Tarifpolitik zertrümmern will, endgültig die letzen Reste der Sozial- und Tarifpolitik zertrümmern will, das sich durch Lausanne aktiv in die antisowjetische Kriegsfront eingereiht hat, will durch das Verbot der KPD und des KJVD einen gefährlichen Gegner aus dem Felde räumen. Der faschistische Stoß gegen die KPD ist aber ein Stoß gegen die proletarische Klasse und muß darum von allen Arbeitern gemeinsam abgewehrt werden!

3. Frage: Meint die KPD die Einheitsfront ehrlich? Wie verteidigt die KPD die Freiheit der Arbeiterklasse gegen den Faschismus – Wie denkt sich die KPD die politische Linie und die Organisation der Antifaschistischen Aktion? Ist die Antifaschistische Aktion ein kommunistischer Parteiladen? – Können SPD-Arbeiter, Reichsbanner-und Gewerkschaftsmitglieder, die an der Antifaschistischen Aktion teilnehmen, Mitglieder der SPD bleiben? – Warum stellen die Kommunisten im antifaschistischen Kampf so eindringlich die Forderung nach Aufhebung des RFB-Verbots? Sieht der Genosse Thälmann in dem Bestreben der SPD-Arbeiter, eine Einheitsfront zu bilden, den ersten Schritt zur Zerschlagung der SPD, oder sieht er nur den rückhaltlosen Einheitswillen der Arbeiter, den Einfluß des Faschismus zu brechen?

Kommen wir zum ersten Teil der Frage: Ob wir die Antifaschistische Einheitsfront ehrlich meinen? Täglich mordet die braune Pest unsere Genossen, schlägt unsere besten Kämpfer nieder, unternimmt provokatorische Angriffe auf unsere Parteihäuser; in den Gefängnissen schmachten Tausende unserer Genossen, die den wehrhaften Kampf gegen das faschistische Verbrechertum führten.

Das Hitlerische Offiziers- und Prinzenpack hat erklärt, daß es die kommunistische Bewegung, das sind viele Millionen revolutionärer Männer und Frauen, ausrotten, hängen, köpfen und rädern will. Und angesichts dieser Tatsache, angesichts der drohenden Gefahr, daß aus Deutschland ein Land des Galgens und des Scheiterhaufens wird, sollten wir Kommunisten die antifaschistische, proletarische Einheitsfront nicht ehrlich meinen?

Die Frage der Ehrlichkeit ist aber eine Frage des Kampfes, der Massenmobilisation. Wir fragen euch daher, ihr SPD-Genossen: Entwaffnet etwa die Reaktion allein die Arbeiterklasse? Nein, die ADGB- und SPD-Führer entwaffnen durch Streikverbote, Zeitungs- und Demonstrationsverbote, durch Spaltung, durch Koalitions- und Burgfriedensbündnisse mit der Bourgeoisie und durch Tolerierungspolitik das Proletariat!

Wir Kommunisten unternehmen keine Bittgänge zu Hindenburg, keine Bittgänge zur Papen-Regierung, um etwa kleine Pflästerchen auf Details der Notverordnungen aufzukleben. Nein, wir stellen die Frage die Kampfes, und zwar gegen das ganze System, gegen den Kapitalismus, Und hier liegt der Kernpunkt der Ehrlichkeit unserer Einheitsfront. Noch nie ist die Reaktion von ihrem Platze weggejagt worden, wenn sie nicht die entschlossene Kampfkraft der Arbeiter sah. Glaubt ihr, daß das Papen-Regime weiterregieren und uns weiter unterdrücken würde, wenn es den geschlossenen, einheitlichen, antifaschistischen Kampf der Arbeiterklasse verspüren würde?

Wir Kommunisten organisieren an allen Fronten, in den Betrieben, an den Stempelstellen, in den Arbeiterorganisationen, die Front des klassenkämpferischen Widerstandes und der proletarischen Offensive für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen des Proletariats, für die Freiheit des Streiks, der Straße, der Demonstrationen, für die Freiheit der Presse, des gesamten proletarischen Schrifttums und des Rundfunks. Gegen das blutrünstige Ungeheuer des Faschismus, das mit seinen blutigen Pranken, mit Schlagring und Revolver die letzten kümmerlichen Reste der Sozialversicherung und der Arbeiterrechte zerschlagen und zerstückeln will, rufen wir Kommunisten auf zur Antifaschistischen Aktion.

Warum stellt die Sozialdemokratie Bedingungen an uns, wenn sie angeblich gegen Hitler und Papen kämpfen will? – Weil sie die Einheitsfront zerstören will. Wir Kommunisten stellen nicht einmal Bedingungen an die Arbeiterklasse mit Ausnahme der einen: der kühnen aufopfernden Bereitschaft und des Willens, unter Einsatz aller proletarischen Kampfmittel den Massenkampf gegen Faschismus und Lohnraub zu führen. Die Antifaschistische Aktion soll die Arbeitermassen auf bestimmte Tagesaufgaben und darüber hinaus auf höherer Kampfesgrundlage konzentrieren.

Betriebliche Massenbewegungen, Kampf- und Streikaktionen, gegen Lohnraub und Faschismus bis zur höheren Aufgabenstellung, der Anwendung des politischen Massenstreiks und des Generalstreiks gegen das Herrschaftssystem der Bourgeoisie – das sind einige der Hauptfaktoren der Antifaschistischen Aktion!

Einheitlicher Massenkampf für die Sicherung und Verbesserung aller Tarifverträge, gegen die Angriffe des Faschismus. Einheitlicher Massenkampf für die Erhaltung und die Verbesserung der Unterstützungen der Arbeitslosen, Krisen- und Wohlfahrtsempfänger bzw. der Rentner, der Opfer des Krieges und der Arbeit. Einheitlicher Massenkampf gegen die faschistische Arbeitsdienstpflicht, gegen jede Form der Zwangsarbeit, gegen die Militarisierung der werktätigen Jugend! Einheitlicher Massenkampf für Presse-, Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit für das Proletariat! Gemeinsame Versammlungen, Demonstrationen und aktive Kampfhandlungen, Schaffung eines roten Massenselbstschutzes zur Abwehr faschistischer Provokationen und Überfälle! Unermüdlicher Klassenkampf der antifaschistischen Proletarierfront bis zur Niederringung der faschistischen Diktatur und zur Aufrichtung der Herrschaft der Arbeiterklasse!

Das sind einige wesentliche Kampfforderungen der Antifaschistischen Aktion. Das sind die Forderungen, auf deren Plattform sich die einheitliche Massenfront der sozialdemokratischen, Reichsbanner- und gewerkschaftlichen Kameraden einigen kann. Das ist die politische Linie der Antifaschistischen Aktion, die heute bereits Millionen kämpfender Proletarier in ihren Bann gezogen und zu höchster Aktivität gesteigert hat!

Ob die Antifaschistische Aktion ein kommunistischer Parteiladen ist? Wir sagen: Nein! Sie ist ein überparteiliches Sammelbecken für alle zum rücksichtslosen Kampfe gegen den Faschismus gewillten Arbeiter. Sie ist keine Organisation, sondern eine Massenbewegung. Sie ist der Strom, in den all die kämpferischen Kräfte einmünden, die wirklich den Kampf, den Massenangriff gegen die jetzige Regierung, welche die unmittelbare Aufrichtung der faschistischen Diktatur betreibt, durchführen wollen.

Die Führung der besonderen Einheitsausschüsse, die in den Betrieben, in den Straßen, an den Stempelstellen usw. gebildet werden, muß selbstverständlich in den Händen der kampfgewillten Arbeiter selbst liegen. Uns Kommunisten wäre nichts lieber, könnten wir die Führung in den Einheitsausschüssen den wirklich kampfgewillten Arbeitern, ungeachtet ihrer Organisationszugehörigkeit, selbst übergeben, um so die Antifaschistische Aktion auch zu einer wirklichen antifaschistischen Einheitsfront zu gestalten. Die Antifaschistische Aktion ist zu vergleichen mit einem großen, breiten proletarischen Strom, in den von allen Seiten die Kanäle einheitlicher Aktionen der Arbeiter gegen den Faschismus einmünden.

Unsere Antifaschistische Aktion als breites proletarisches Sammelbecken kampfentschlossener Arbeiter soll über die Entfesselung von Kampfaktionen gegen Lohn- und Unterstützungsraub, gegen die Notverordnungspolitik und den Massenterror der Nazis hinaus den proletarischen Kampf auf einer höheren Grundlage zur Entfaltung bringen!

Wir stellen die Frage des Kampfes für die Freiheit der Arbeiterklasse überhaupt. Wir stellen die Frage, wie sie von einer marxistischen Partei gestellt werden muß, wenn auch manche unserer Genossen dabei oft Fehler machen. Wir stellen die Frage des Kampfes gegen den Faschismus als eines Kampfes gegen die blutige Geißel der herrschenden Mächte, die sich zum Ziel gesetzt haben, die Arbeiterbewegung zu zertrümmern, wir kämpfen vom Standpunkt unserer Klasse aus, mit der wir auf Tod und Leben verbunden sind!

Natürlich richtet sich die Linie unseres Angriffs schärfstens gegen den kapitalistischen Staat. Dabei müssen wir klar erkennen, daß die Sozialdemokratie, selbst wenn sie heute eine Scheinopposition mimt, in keinem Moment ihre eigentlichen Koalitionsgedanken und ihr Paktieren mit der faschistischen Bourgeoisie aufgeben wird. Bereits Karl Marx hat bei der Behandlung der Lehren der Pariser Kommune mit aller Schärfe als Aufgabe der Arbeiterklasse die Frage der Zertrümmerung des bürgerlichen Staatsapparates in den Vordergrund gestellt.

Nun zur Frage, ob sozialdemokratische und Reichsbannerarbeiter, die an der Antifaschistischen Aktion teilnehmen, aus ihrer Partei austreten müssen? Wir haben in Hamburg bereits einen Antifaschistischen Kampfkongreß von 1700 Delegierten gehabt, auf dem 190 SPD- und Reichsbanner-Delegierte vertreten waren. Auf dem Wuppertaler Betriebsrätekongreß waren 50 sozialdemokratische Arbeiter anwesend.

Alle diese Genossen kamen zur Antifaschistischen Aktion mit dem Bewußtsein, daß die SPD-Arbeiter Schulter an Schulter mit ihren kommunistischen Klassenbrüdern kämpfen müssen.

Es ist für uns Kommunisten selbstverständlich, daß sozialdemokratische und Reichsbanner-Arbeiter an der Antifaschistischen Aktion teilnehmen können, ohne daß sie aus ihrer Partei auszutreten brauchen. Wenn ihr bloß in Millionen, in geschlossener Front hereinströmen würdet, wir würden es mit Freuden begrüßen, selbst wenn über gewisse Fragen der Einschätzung der SPD nach unserer Meinung in euren Köpfen noch Unklarheit besteht.

Das brennende Problem, das allen Arbeitern heute gemeinsam auf den Nägeln brennt, ist: Wie kann die Aufrichtung der faschistischen Diktatur in Deutschland verhindert werden? Wie kann verhindert werden, daß weiterer Lohn- und Unterstützungsabbau, weitere Notverordnungen, gesteigerte Unterdrückung, Knechtung, Zerschlagung der Arbeiterbewegung und der Arbeiterorganisationen durchgeführt werden? Wir stellen die Frage nicht von Partei zu Partei, sondern klassenmäßig, zur breiten Masse eurer Mitgliedschaft. Ihr SPD-Kameraden seid unsere Klassenbrüder, genauso wie die kommunistischen und parteilosen Arbeiter.

Wir stellen auch nicht das Prinzip auf, daß die Arbeiter unter allen Umständen organisiert sein müssen, wir sagen nur: Je breiter und organisierter die Front gegen das Hitlergeschmeiß, das Papenregiment und gegen jene Lakaien des Faschismus, die gehorsam nach der Pfeife der Notverordner tanzen und jedes Hungerdekret durchführen, um so mehr erzittert die Bourgeoisie.

Nun zur Frage des RFB-Verbots. War für die Arbeiterklasse der RFB eine Waffe im Kampf gegen den Faschismus? Das wird niemand bestreiten können! Der RFB sammelte die von der Kriegsfront zurückkehrenden Feldgrauen als rote Klassensoldaten, im Kampfe gegen den wieder zum Krieg hetzenden Faschismus. Sie warfen sich mit kühner Wucht der chauvinistisch-nationalistischen Welle in Deutschland entgegen. Herr Severing, der das Verbot des RFB auf Grund des Versailler Vertrages ausgesprochen hat, hat mit dem Verbot dem Nationalsozialismus einen großen Dienst erwiesen!

Wenn das Stahlhelm-Verbot durch Severing aufgehoben wurde, wenn die Nazis marschieren dürfen, der RFB aber nach wie vor illegal blieb – ohne etwa zu glauben, daß Hunderttausende rote Frontsoldaten heute nicht mehr wüßten, was sie zu tun hätten -, so zeigen doch diese Tatsachen, wie die SPD-Führer uns schon seit Jahren im Kampfe gegen den Faschismus in den Rücken fallen!

Deshalb appellieren wir an euch, ihr sozialdemokratischen Kameraden, gerade in Anbetracht der ungeheuer angewachsenen faschistischen Gefahr, mit uns gemeinsam für die Legalität des RFB zu kämpfen.

Ich komme zur letzten Frage, die unter Punkt 3 aufgeführt ist, zur Frage der Zerschlagung der SPD: Ich stelle die Frage vom revolutionären Klassenstandpunkt aus! Wenn die SPD-Führer die proletarische Einheitsfront und die einheitliche Antifaschistische Aktion nicht wollen, dann bedeutet jeder Schritt, den ihr SPD-Proleten unten mit uns gemeinsam im Kampf gegen den Faschismus geht, einen Hieb gegen die SPD-Politik.

Der Wamungsruf der SPD an ihre unteren lokalen Organisationen, in keinerlei Weise mit den Kommunisten die gemeinsame Kampffront herzustellen, dagegen aber die praktische Durchbrechung dieses Beschlusses durch viele Maßnahmen unserer SPD-Kameraden, ist ein weiterer Faktor der Stärkung der revolutionären Front und der Schwächung der Positionen der SPD.

Wir lassen über unseren schonungslosen prinzipiellen Kampf gegen die Sozialdemokratie keinerlei Unklarheit. Wir wollen weder parlamentarische noch kleinbürgerliche Illusionen züchten. Dann würden wir nämlich Illusionen, wie sie noch bei Millionen Menschen durch die SPD-Politik, siehe Wahl Hindenburgs, vorhanden sind, weiter züchten und vertiefen. Dann würden wir dulden, daß durch eine falsche Auffassung über die Einheit der Arbeiterklasse, vor allem aber durch die Möglichkeit neuer sozialdemokratischer Betrugsmanöver, der Bourgeoisie weitere Trümpfe zum Mißbrauch der arbeitenden Massen in die Hände gegeben würden.

Wir Kommunisten wollen keine „Einheit um jeden Preis“, denn dann wird der Charakter des Kampfes verschleiert und trägt nur zur Verwirrung bei! Das hieße nämlich, den Klasseninhalt unserer Politik verleugnen im Interesse der „Einheit mit der SPD“ und auf Streiks, Erwerbslosenkämpfe, auf Mieteraktionen und auf den revolutionären Massenselbstschutz zu verzichten. Eine solche einheitsduselige Stimmung würde also nicht nur kein Schlüssel zur Einheit, sondern ein Hemmschuh in der Entwicklung des Kampfes sein. Um aber nochmals bei allen unseren sozialdemokratischen Klassengenossen unseren unbedingten Willen zur Einheit von unten zu betonen, wollen wir noch jenen Kampfappell in Erinnerung bringen, den ich im Namen des Zentralkomitees der KPD am 29. November 1931 veröffentlichte. Es heißt darin:

„Wir Kommunisten sagen euch SPD-Arbeitern: Die Sache des gemeinsamen Kampfes ist euer aller Sache; sie beschränkt sich nicht auf den engen Rahmen einer Parteizugehörigkeit. Wir Kommunisten machen es euch bei dem Vorschlag zur Bildung der roten Einheitsfront nicht zur Bedingung, daß ihr euch von vornherein unsere kommunistischen Auffassungen über die Grundfragen des proletarischen Klassenkampfes zu eigen macht. Wir sagen euch: Je fester ihr ihr mit allen kampfbereiten Arbeitern zusammensteht, je geschlossener die Arbeiterklasse und unter ihrer Führung alle Werktätigen kämpfen, desto rascher wird es gelingen, die Unternehmer und alle Faschisten auf die Knie zu zwingen.“

4. Frage: Ist im Kampfe gegen die Popen-Regierung und gegen den Faschismus ein Bündnis der KPD mit der SPD möglich? – Wie steht die KPD zu einer Listenverbindung bzw. zu einem Wahlblock mit der SPD bei der Reichstagswahl? – Bringt der 31. Juli die Entscheidung?

In der Frage des 31. Juli sind sich Nazis, SPD, Zentrum und Deutschnationale einig. Zwar nicht in den Programmsätzen, aber in ihrer Phraseologie: „Der 31. Juli bringt die Entscheidung.“ Die „Wiener Arbeiterzeitung“ (SPÖ) schreibt vom 31. Juli sogar als von einer „Schicksalsstunde Deutschlands und der Schicksalsstunde Europas“. -Schon bei den letzten Präsidentschafts- und bei den Preußen-Wahlen schwindelte die Sozialdemokratie zum wiederholten Male: „Der Faschismus ist besiegt.“ Wir Kommunisten haben weder damals noch heute gesagt, daß die Frage des Faschismus eine Frage des Stimmzettels sei. Die Bolschewiki haben 1917 auch die Konstituante auseinandergehauen, als sie im Interesse der proletarischen Klasse, im Interesse des Kampfes für den Sozialismus das bürgerlich-„demokratische“ Parlament davonjagten. Die Papen-Hitler werden je nach ihrem außerparlamentarischen Kräfteverhältnis im Interesse des Kapitalismus entscheiden und sich bei nicht genügender revolutionärer Kampfentschlossenheit der Arbeiterklasse nicht genieren, selbst den neu gewählten Reichstag wieder auseinander zu jagen.

Bei dieser unserer prinzipiell außerparlamentarischen Einstellung zum 31. Juli betonen wir jedoch auch, daß es für den Grad der Rebellion und als Barometer des Kampfwillens für uns außerordentlich wichtig ist, wenn viele Millionen Arbeiter und werktätige Bauern den Kommunisten am 31. Juli die Stimme geben.

Eine Listenverbindung mit der SPD lehnen wir ab. Wir schachern nicht um ein einzelnes Mandat und nehmen niemals eine prinzipielle Verwässerung unserer Linie durch solch einen Kuhhandel vor. Es handelt sich bei dieser Frage ja lediglich um 20 000 Stimmen und darum, ob die SPD oder der KPD das Mandat zukommt. Wir sagen, daß es viel wichtiger und notwendiger ist, draußen in der antifaschistischen Einheitsfront den Kampf gegen die faschistischen Diktaturmächte zu führen, als über ein solches rein parlamentarisches Schachergeschäft zu diskutieren.

Können wir ein Bündnis mit der SPD im Kampfe gegen die Papen-Regierung eingehen? Dabei wäre vorweg zu prüfen, ob die SPD überhaupt gegen das Papen-Kabinett kämpft!

Der SPD-Oberpräsident von Schleswig-Holstein verbietet unsere kommunistische ȁHamburger Volkszeitung“, weil sie Herrn Papen ,zu scharf kritisiert hat“. Als wir im Preußischen Landtag als Kommunisten die Aufhebung des „Vorwärts“-Verbotes forderten, stimmten die SPD durch Stimmenthaltung dagegen, weil dieser Antrag angeblich verfassungswidrig sei! Und welch ein Hohn: Herr Severing verbietet auf Befehl des „Hitlerbarons von Gayl“ seine eigene Parteizeitung, den „Vorwärts“. Er erklärt weiter, er könne den Ministem des Papen-Kabinetts die „patriotischen Motive nicht absprechen“. Er führt auch bereitwilligst die Papenschen Notverordnungen durch und verschärft durch neue Notverordnungen die Papenschen Verfügungen. In der Hamburger Bürgerschaft hat die SPD mit den Stimmen der Deutschnationalen meine Immunität aufgehoben! Die SPD-Führer erklären heute nach wie vor, treu zu Hindenburg zu stehen, zu demselben Hindenburg, der das Papen-Kabinett eingesetzt, die SA legalisiert und die letzten Notverordnungen gegen die Erwerbslosen, Kriegsbeschädigten, Witwen, Waisen und gegen die Mittelständler unterschrieben hat.

Jeder SPD-Genosse wird uns recht geben, wenn wir sagen, daß ein Bündnis zwischen KPD und SPD auf Grund dieser Tatsachen und auch aus prinzipiellen Gründen unmöglich ist. Die SAP, dieses Anhängsel der SPD, bemüht sich besonders, auf Grund einer kleinbürgerlichen unmarxistischen Fragestellung auf diesem Gebiet, die Arbeiter zu verwirren.

5. Frage: Hält die KPD beim Ziel der Schaffung der proletarischen Einheitsfront nicht auch Spitzenverhandlungen mit SPD- und ADGB-Führung für angebracht? – Wie steht zur Einstellung der „Beschimpfungen“ der SPD-Führung?

Ich will bei der letzteren Frage beginnen: Die SPD fordert von uns die Einstellung der Kritik an ihrer Politik! Wir sollen über die 14 Jahre, die hinter uns liegen, schweigen! Wir sollen schweigen darüber, das der ADGB die 4 Millionen gewerkschaftlich organisierter Kollegen nicht in Bewegung setzt gegen die Papen-Regierung! Wir sollen schweigen, wenn SPD-Führer kommunistische Zeitungen verbieten, wenn SPD-Polizeipräsidenten revolutionäre Arbeiter erschießen lassen. Wir sollen mit der SPD-Führung also das heutige System der Bourgeoisie-Herrschaft verteidigen! Wir sollen ihnen dadurch praktisch helfen, als „Ärzte“ des verfaulenden Kapitalismus zu fungieren! So fordert es die SPD. Nur Agenten des Klassenfeindes und der Konterrevolution können solche Forderungen, die man so schön in die Worte: „Verzicht auf gegenseitige Beschimpfung“ kleidet, stellen. Herr SPD-Künstler erklärte seinerzeit: „Die Eiserne Front ist die proletarische Einheitsfront.“ – Wir Kommunisten, die wir mit den SPD-Führern jede Gemeinschaft ablehnen und auch die Künstlersche Demagogie anprangern, erklären immer wieder, daß wir mit den kampfgewillten sozialdemokratischen und mit den unteren kampfgewillten Organisationen jederzeit bereit sind zum antifaschistischen Kampf.

Während des Krieges entwickelte sich die Sozialdemokratie zum Sozialchauvinismus und zum Sozialimperialismus. Die stolze Fahne der Internationale wurde in die Schützengräben versenkt. Wenn wir die heutige Entwicklung zum Faschismus betrachten, müssen wir feststellen, daß die SPD-Politik sich zu einer sozialfaschistischen entwickelt hat. Der Marxismus ist von der SPD geschändet und in den Staub getrampelt worden. Das Betrugsmanöver mit der Wahl Hindenburgs, durch die der Faschismus geschlagen werden sollte, muß von unser SPD-Kameraden in seinem ganzen Umfang erkannt werden.

Und alle diese Dinge sollen wir als die einzige deutsche Partei Marxismus nicht kritisieren dürfen? Wir Kommunisten verlangen nicht von der SPD die Einstellung des Kampfes gegen uns, das wäre eine prinzipielle Verleugnung der Gegensätze zwischen KPD und SPD. Aber wenn sozialdemokratische Führer, wie nach der Reichstagswahl, unsere Millionen kommunistischer Wähler als Lumpenproletarier bezeichnen, dann verbitten wir uns das ganz energisch! Es nirnrnt sich recht eigenartig aus, wenn diese gleiche Sozialdemokratie von uns die Einstellung der Kritik an der Politik der SPD-Führer fordert! Es nimmt sich ebenso eigenartig aus, wenn wir dazu schweigen sollen, daß die SPD-Polizei eingesetzt wird gegen kämpfende revolutionäre Arbeiter, daß die gleiche Polizei Streikbrecher in die Betriebe begleitet, daß die gleiche Polizei auf uns und unsere Arbeiter losprügelt, wenn revolutionäre Lieder gesungen werden, während die Nationalsozialisten mit Pistolen in der Hand in den Straßen herumlaufen und z. B. wie in Berlin provokatorisch gegen die Arbeiterklasse auftreten können!

Wir erweisen euch SPD-Arbeitern keinen Dienst, wenn wir die Möglichkeit offen ließen, daß die SPD jemals revolutionäre Mittel des Marxismus anwenden würde.

Zwischen uns und Zörgiebel aber stehen die 33 Särge der im Berliner Blutmai 1929 erschossenen Arbeiter. Zwischen uns und Noske brandet das Meer des von ihm und seiner Soldateska vergossenen Arbeiterblutes der zehntausend gemeuchelten revolutionären Freiheitskämpfer. Aus all diesen Gründen und auch aus den in den vorigen Punkten aufgezeigten prinzipiellen Unterschieden zwischen der KPD und der SPD lehnen wir Spitzenverhandlungen mit der SPD ab. Mit den SPD-Führern, die den Faschismus fördern, kann man nicht über „Kampf gegen den Faschismus“ verhandeln.

6. Frage: Bedeutet das Einheitsfrontangebot der KPD an alle Organisationen, die gewillt sind, gegen Lohnraub und Faschismus zu kämpfen, eine Änderung der Politik der Kommunisten? – Wie schaffen wir die Einheitsfront der Arbeiter und Angestellten im Kampf gegen Lohn-, Unterstützungs-, Gehalts-, Rentenabbau ?

Das Einheitsfrontangebot der KPD an alle kampfgewillten Arbeiterorganisationen bedeutet keineswegs eine Änderung der Politik der KPD. Das einflußlose SAP-Grüppchen, der Wurmfortsatz der SPD, möchte durch ihre diesbezüglichen Behauptungen ihr ramponiertes Ansehen wieder ein wenig auffrischen und Verwirrung unter den Arbeitern schaffen. Die Einheitsfrontpolitik gehört zum allerwichtigsten Bestandteil der Strategie und Taktik der Kommunisten, zur Schaffung der einheitlichen Klassenfront gegen die Feinde der Arbeiterschaft. Wichtige innerparteiliche Kämpfe der KPD hatten die Schaffung einer klaren, wirklichen proletarischen Einheitsfront von unten zum Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen. Die Ruth Fischer und Maslow, die Brandler und Thalheimer wurden von der KPD über Bord geworfen, weil sie durch ihre Praxis und Theorie entweder in sektiererischer Abgeschlossenheit oder durch prinzipienlosen Opportunismus sich von der Masse entfernten. Unsere Kommunistische Partei wäre nicht wert, kommunistisch oder marxistisch genannt zu werden, wenn sie es nicht verstünde, durch ihre Taktik und Strategie die Brücken zur Herstellung einer gemeinsamen Kampffront mit den SPD- und ADGB-Proleten zu bauen.

Die wirkliche Einheitsfront der Arbeiter im Kampf gegen Lohn-Gehalts-, Renten- und Unterstützungsraub schaffen wir nur durch die Initiative der Massen von unten, durch einheitliche Selbstschutzstaffeln der Betriebe und Straßen, durch Entfesselung von Lohnkämpfen, durch gemeinsame Verhandlungs- und Tarifkommissionen, durch Kampf- und Streikkomitees usw., in denen kommunistische, sozialdemokratische und parteilose Arbeiter vertreten sind.

7. Frage: Was sagt die KPD zur SPD-Losung der „zweiten Republik“ und der „Restauration des Weimarer Systems“?

Ich stelle die Frage: Wie stand die Sozialdemokratie denn zur jetzigen Republik, die den Arbeitern Erwerbslosigkeit, Hunger und Elend brachte? War es nicht die Republik der Sozialdemokratie? Diese Republik der SPD hat zur Diktatur Papens geführt, in der die unmittelbare Aufrichtung der faschistischen Diktatur durch die Bourgeoisie mit größtmöglicher Toleranz der SPD auf die Tagesordnung gestellt ist. Was bedeuten die obigen SPD-Losungen? Die Anerkennung des völligen Bankrotts der Politik der Sozialdemokratie. Die Arbeiterklasse soll noch einmal das mit durchmachen, was ihr 14 Jahre lang an Lasten aufgebürdet wurde. Das Feldgeschrei der SPD: „Zurück zur zweiten Republik“ ist ein Eingeständnis des SPD-Bankrotts, wie es krasser noch nicht erfolgte. Das Weimarer System soll wieder zur glücklichen Verheißung werden? Jenes System, das durch seine Verfassung, Republikschutz- und sonstigen Maulkorbgesetze erst dem Papen-Kabinett die Schienen legte? Gibt es in der Weimarer Verfassung auch nur einen einzigen Satz, der etwa den Sturz des Kapitalismus verlangt? Keiner wird das behaupten können. Was bleiben soll nach dem Willen der SPD-Führer, das ist die Diktatur des Finanzkapitals! Wir werden aber immer wieder bei unserem Kampf gegen den „Weimarer Restaurations“-Betrug auf die russische Sowjetverfassung hinweisen, in der unter Artikel II folgendes verfügt wird:

Erklärung der Rechte des werktätigen und ausgebeuteten Volkes!

Artikel II a: „Zwecks Verwirklichung der Sozialisierung des Grund und Bodens „wird der private Grundbesitz aufgehoben und werden die gesamten Landbestände als Eigentum des ganzen Volkes erklärt und den Werktätigen ohne jede Ablösung auf der Grundlage einer ausgleichenden Bodenbenutzung übergeben.

b) Alle Waldungen, Bodenschätze und Gewässer von allgemein staatlicher Bedeutung sowie das gesamte lebende und tote Inventar, Mustergüter und landwirtschaftliche Unternehmungen werden als Nationaleigentum erklärt.

c) Als erster Schritt zum völligen Übergang der Fabriken, Werke, Gruben, Eisenbahnen und sonstiger Produktions- und Beförderungsmittel in den Besitz der Arbeiter- und Bauernrepublik wird das Sowjetgesetz bestätigt betreffs Arbeiterkontrolle . . . zwecks Sicherung der Macht der Werktätigen gegenüber den Ausbeutern.

d) Als ersten Schlag gegenüber dem internationalen Bank- und Finanzkapital betrachtet der III. Sowjetkongreß das Sowjetgesetz über die Annullierung (Nichtigkeitserklärung) der von der Regierung des Zaren, der Grundbesitzer und der Bourgeoisie aufgenommenen Anleihen und Schulden.

e) Es wird der Übergang aller Banken in den Besitz des Arbeiter- und Bauernstaates bestätigt. . .

f) Im Interesse einer Sicherstellung der vollkommenen Machtausübung durch die werktätigen Massen und zur Beseitigung jeglicher Möglichkeit einer Wiederherstellung der Macht von Seiten der Ausbeuter wird die Bewaffnung der Werktätigen, die Bildung einer sozialistischen Roten Armee der Arbeiter und Bauern und die vollständige Entwaffnung der besitzenden Klasse angeordnet.“

Man vergleiche diese Paragraphen der bolschewistischen Verfassung mit der Weimarer Verfassung, in der das Finanzkapital seine diktatorischen Rechte verankert hat.

Die SPD-Losung von der „zweiten Republik“ und der „Restauration des Weimarer Systems“ ist auch ein plumpes Wahlmanöver zur Täuschung der Massen, ähnlich wie der Nazischwindel vom „Dritten Reich“. Wir werden diesen Betrug an den arbeitenden Massen nicht dulden, sondern ihn entlarven und zerreißen.

8 Frage: Stimmt die kommunistische Behauptung, wonach in Preußen die SPD dem Faschismus Hilfestellung leistete? – Warum bekämpft die KPD die Politik des kleineren Übels“?

Wir registrieren nur ein paar Tatsachen, um den ersten Teil dieser Frage zu beantworten: Der sozialdemokratische Innenminister Preußens, Herr Severing, der die Befugnis hatte, die Aufmärsche der Nazis in Preußen zu verbieten, gibt ihnen die Straße frei. SPD-Grzesinski gestattete den Nazistudenten am 28. Juni in Berlin eine chauvinistische „Anti-Versailles-Kundgebung“, während er kommunistische Demonstrationen untersagte. Staatssekretär Weismann, der Vertreter der sozialdemokratisch-zentrümlichen Preußenregierung erklärte im Reichsrat nach der Rede von Gayls:

„Sie wissen, daß Sie in diesem Kreise weitgehende Sympathien genossen haben und weiter genießen.“

Er wünschte ihm dann noch eine „segens- und erfolgreiche Tätigkeit“. Herr Severing wußte bei Erlaß der Papenschen Notverordnung nichts anderes zu tun, als auf die „staatsfeindlichen Elemente“ (d. h. die Kommunisten) hinzuweisen, gegen die er ein rücksichtsloses Einschreiten forderte. In seinem diesbezüglichen Erlaß an die Regierungs- und Polizeipräsidenten forderte er, noch ein besonderes Augenmerk „auf das Treiben ausländischer Elemente“ zu richten.

Wenn die SPD-Politik des „kleineren Übels“ nicht gewesen wäre, wäre auch die Existenz der Papen-Regierung im heutigen Stadium nicht denkbar. Ohne Preußenpolitik und die gehorsame Tolerierung des Brüning-Kabinetts wäre ein Kabinett mit den heutigen Machtbefugnissen nicht zustande gekommen.

Heute schickt sich die Sozialdemokratie bereits an, die Papen-Regierung als ein „kleineres Übel“ gegenüber einer direkten Hitler-Regierung zu bezeichnen. Severing erklärte z. B. in Herford auf einer Bezirkskonferenz der SPD:

„Ich warne davor, in den Männern dieses Kabinetts der Übel allergrößtes zu erblicken.“

Diese Auffassungen sollen Stimmung machen für eine Tolerierung auch des Papen-Kabinetts als eines „kleineren Übels“ gegenüber eine reinen Nazikabinett.

Wir wissen auch, daß bei einem Verbot unserer Partei die preußischn Polizeisozialisten die ersten sein werden, die unser Parteihaus besetzen – Sind das nicht alles Hilfsdienste für den Faschismus und Beweise dafür, daß die Politik des sogenannten „kleineren Übels“ sich zum größten Schaden für die Arbeiterklasse auswirkt?

9 Frage: Haben die Kommunisten im Kampfe gegen Versailles und den Youngplan Zugeständnisse an den Nationalsozialismus gemacht? Können Internationalisten ein nationales und soziales Freiheitsprogramm aufstellen, wie es die Kommunisten aufgestellt haben?

Zunächst ein Wort zum Nationalsozialismus. Es gibt keinen „nationalen Sozialismus“. Es gibt nur einen internationalen Sozialismus. Die SPD, die viel vom Sozialismus spricht, steht immer mit der eigenen Bourgeoisie in einer einheitlichen nationalen Front. Siehe das Mac-Donaldsche Konzentrationskabinett, siehe Paul Boncour als Kriegsminister in Frankreich und als bisherigen Exponenten der II. Internationale. Wer hat die Schanddokumente von Versailles unterschrieben? Es waren Hermann Müller und Vandervelde, der bekannte belgische Königssozialist.

Unser nationaler Freiheitskampf ist mit dem sozialen Kampf und mit dem Programm des revolutionären Ausweges aus der Krise, mit der Lehre vom gewaltsamen Sturz des Kapitalismus aufs engste verknüpft. Lange, bevor es in Deutschland überhaupt eine nationalsozialistische Bewegung gab, proklamierten wir schon als Kommunisten unsere Kriegserklärung gegen Versailles. Im Jahre 1919 rüttelten die Aufrufe der Komintern die Massen auf zum Kampf gegen das Tributsystem.

Wir stehen zur nationalen Frage, wie Marx und Engels es uns u. a. im „Kommunistischen Manifest“ gelehrt haben: „Die gemeinsamen von der Nationalität unabhängigen Interessen des gesamten Proletariats stehen für uns im Vordergrund.“

Die Sowjetregierung als die Vertreterin des einzigen Landes ohne Tribute ist unser gegebener Bundesgenosse im Kampfe gegen den Reparationswahnsinn. Es gibt in Deutschland nur eine Kraft, die sowohl den Youngplan sowie den Versailler Vertrag zerreißen kann, nämlich das Proletariat. So wird auch das deutsche Proletariat nach siegreicher Machtübernahme die Tributverträge in tausend Fetzen zerreißen.

10. Frage: Wie steht die KPD zum sogenannten ADGB-„Rettungsprogramm und zur ADGB-Losung des „Umbau der Wirtschaft“? Gehen die Losungen des ADGB nicht viel weiter als die Arbeitsbeschaffungsforderungen der KPD? – Was halten die Kommunisten vom Arbeitsbeschaffungsprogramm des ADGB ?

Das sogenannte ADGB-„Rettungsprogramm“ mit seiner Forderung nach „Umbau der Wirtschaft“, mit seinem „Umbau der jetzigen planlosen Wirtschaft in eine planvolle Gemeinwirtschaft“ durch „Konjunkturpolitik“, durch „Verstaatlichung der Schlüsselindustrien und Banken“, durch Schaffung eines „staatlichen Kartell- und Monopolamtes“ und durch das „Hand-in-Hand-Gehen“ mit der „Demokratisierung der Wirtschaft“, an der „berufene Vertreter der Arbeitnehmer“ beteiligt sein sollen – dieses Programm ist wiederum zunächst ein raffinierter Wahlschlager der SPD für die Reichstagswahlen am 31. Juli:

Das Rettungsprogramm hat vor allem den Zweck, von den täglichen, unmittelbaren Tagesproblemen des Kampfes um verbesserte Löhne, erhöhte Unterstützungen und Renten abzulenken. Kein Wort verliert der ADGB darüber, durch welche unmittelbaren Kampfmaßnahmen die Arbeiterschaft ihre miserable Lage verbessern kann.

Das gewerkschaftliche „Rettungsprogramm“ reiht sich würdig an die Theorien Hilferdings, der seinerzeit auf dem Kieler Parteitag im Jahre 1927 im „organisierten Kapitalismus“ bereits den „prinzipiellen Ersatz des kapitalistischen Prinzips der freien Konkurrenz durch das sozialistische Prinzip planmäßiger Produktion“ erblickte. Der vor eingen Monaten besonders stark aus den Kreisen der SPD-Führerschaft erhobene Ruf nach „Staatskapitalismus“ und nach „Bankenkontrolle“ entpuppte sich in der Praxis als die schnöde Bereitschaft, den Fabrik- und Bankkönigen umfangreiche Subventionen in den Hals zu werfen. So schenkte z. B. die von der SPD tolerierte Brüning-Regierung allein den Banken eine Summe von über 700 Millionen Mark, und das Brüning-Kabinett hatte längst vor seinem Sturz jene skandalöse Subventionierung des Vestag-Konzerns mit einer Summe von 100 Millionen Mark festgelegt.

Im ADGB-„Rettungsprogramm“ steht kein Wort vom konkreten Kampf. Das Programm soll lediglich einmal wieder ein Wahlventil öffnen. Naphtali sagte einmal von der Brüning-Notverordnung, sie sei „ein Stück Sozialismus“. Es sollte also ein Stück Sozialismus sein, wenn man euch Arbeitern und Angestellten 30 Mark pro Monat gestohlen hat! Der sogenannte „Umbau der Wirtschaft“ soll natürlich im Rahmen des kapitalistischen Systems erfolgen – sonst könnte jemand auf den Gedanken kommen, den Sturz der kapitalistischen Wirtschaft zu fordern. Tarnows Rettungsprogramm ist ein Rettungsprogramm der Bourgeoisie!

Wirtschaftliche Planwirtschaft ist erst im Sozialismus möglich, denn Kapitalismus bedeutet Anarchie. Die kommunistischen Arbeitsbeschaffungsforderungen enthalten konkrete Vorschläge für Arbeitsmöglichkeiten und für die Finanzierung dieser Forderungen.

Während das ADGB-Arbeitsbeschaffungsprogramm ein Wahlschlager war und nach seinem Durchlaufen verschiedener Instanzen beim Reichsarbeitsministerium schließlich in der Versenkung verschwand, stellen die kommunistischen Arbeitsbeschaffungsforderungen konkrete Forderungen dar, die deutlich eine Belastung der Besitzenden und eine Entlastung der Armen enthalten. In den kommunistischen Arbeitsbeschaffungsforderungen werden Wegebauten, der Bau von Kanälen, Talsperren, der Bau von Arbeiterwohnhäusern und Arbeiterwohnungen verlangt. Die Finanzierung dieser Arbeitsbeschaffung soll durch eine Millionärsteuer, durch die Beschlagnahme der hohen Vermögen, durch die Annullierung der Renten und Großpensionen der kaiserlichen Generale, Offiziere, Fürsten, Herzöge und Monarchen erfolgen.

11. Frage: Sind Streikkämpfe während der Krise möglich? – Welche Kampf- und Einheitsorgane schlägt die KPD vor? – War die Streiktaktik der KPD und RGO bisher richtig?

Ich frage euch: Gab es Krisen vor dem Kriege oder nicht? Waren Streiks vor dem Kriege erlaubt oder nicht? Warum sind sie heute nicht mehr erlaubt, warum versucht die Sozialdemokratie heute Streiks zu verbieten? Vor dem Kriege war die SPD keine Koalitionspartei, obwohl sie sich zu einer solchen bereits begann zu entwickeln.

Die SPD fürchtet, durch Streiks die kapitalistische Krise zu verschärfen. Sie sorgt sich also um den Kapitalismus und nicht um die Lebensbedingungen der Arbeiter. Auch 1919 schlug sie mit eiserner Gewalt Streikenden nieder, weil unter den Streiks die „Wirtschaft leidet“ Die SPD stellt ihre betrügerischen Parolen periodenmäßig.

Für uns Kommunisten ist nur das Klasseninteresse maßgebend. Ob Konjunktur oder Krise, ob der Kapitalismus schwach oder stark ist, er muß immer Haue kriegen, immer nur können wir ihm durch Kampf und Streik von dem aus den Arbeiterknochen gepreßten Mehrwert für die Erhöhung des Arbeiterlohnes unseren Teil abpressen.

Bei den Streiks steht heute nicht in jedem Falle und unbedingt zuerst die unmittelbare Frage der materiellen Vorteile. Der Streik hat auch für den politischen Emanzipationskampf der Arbeiterklasse die größte Bedeutung. Lenin sagte einst über den Streik:

„Die Streiks lehren die Arbeiter die Einheit, die Streiks zeigen ihnen, daß nur vereint sie einen Kampf gegen die Kapitalisten führen können, die Streiks lehren die Arbeiter, über den Kampf der ganzen Arbeiterklasse gegen die ganze Klasse der Fabrikanten und gegen die selbstherrlichen Polizeiregierungen nachzudenken. Darum nennen die Sozialisten die Streiks ,die Kriegsschule‘, eine Schule, in welcher die Arbeiter lernen, den Krieg gegen ihre Feinde, für die Befreiung des ganzen Volkes und aller Werktätigen von dem Druck der Beamten des Kapitals zu führen.“

(Genosse Thälmann beweist dann noch an Hand ausführlicher Streikstatistiken, wie wohl die Zahl der Streiks ziffernmäßig zunimmt und wie auch die Zahl der erfolgreichen Streiks, wenn auch meist nur in Kleinbetrieben bzw. auf Wohlfahrtsbaustellen, ständig im Wachsen begriffen ist.)

12. Frage: War die Gründung der RGO notwendig? – Bedeutet die Gründung nicht eine Spaltung der organisierten Arbeiterschaft?

Ich will zunächst auf Engels und Bebel zurückgreifen, die zur Frage der Trennung von reaktionären Kräften innerhalb der Arbeiterbewegung wichtige und bedeutsame Äußerungen getan haben.

Engels schrieb am 15. Juni 1885 an Becker:

„Sollten aber die Herren die Spaltung selbst hervorrufen, indem sie den proletarischen Charakter der Partei unterdrücken und durch eine knotig ästhetisch sentimentale Philantropie ohne Kraft und Saft ersetzen wollen, so müssen wir es eben nehmen, wie es kommt.“

Auch August Bebel schrieb in seinem Buch „Aus meinen Leben „, dritter Band, Seite 226:

„Ich bin allerdings auch der Meinung, daß wir, wenn irgend möglich, versuchen, dieses Jahr in größerer Zahl zusammenzukommen. Nicht um eine Spaltung zu verhüten, denn diese kommt am Ende doch, wenn erst sich die Dinge weiter entwickeln.“

Engels schrieb an Bebel am 20. Juni 1873:

„Die Bewegung des Proletariats macht notwendig verschiedene Entwicklungsstufen durch, auf jeder Stufe bleibt ein Teil der Leute hängen und geht nicht weiter mit. Daraus allein erklärt sich, weshalb die Solidarität des Proletariats‘ in der Wirklichkeit überall in verschiedenen Parteigruppierungen sich verwirklicht, die sich auf Tod und Leben befehden, wie die christlichen Sekten im römischen Reich unter den schlimmsten Verfolgungen.“

Es kommt für uns darauf an, die Lebensinteressen und Kampfbedingungen des Proletariats zu verbessern. Die Gründung der RGO ist nicht gestellt vom Standpunkt der Spaltung, sondern im Gegenteil vom Standpunkt der Einheit! Die sozialdemokratischen und ADGB-Führer schließen die klassenbewußten Elemente aus den Gewerkschaften aus, während die RGO gerade durch ihren Aufbau und durch ihren Charakter als Massenbewegung alle klassenbewußten Arbeiter der verschiedenen Gewerkschaftsrichtungen und auch aus den Reihen der Unorganisierten zu einer einheitlichen Kampffront schmiedet. Zur Klärung einer oft auftretenden Unklarheit sagen wir unseren sozialdemokratischen Klassengenossen:

Kein freigewerkschaftlich organisierter Arbeiter braucht aus seinem Verband auszutreten, wenn er der RGO beitritt. Im Gegenteil, wir legen gerade Wert darauf, daß er in der freigewerkschaftlichen Organisation verbleibt, um dort in oppositionellem Sinne zu arbeiten, um seine Kameraden für die gemeinsame einheitliche Klassenfront zu gewinnen.

13. Frage: Wie unterscheidet sich die Stellung der Kommunisten in der Jugend- und der Frauenfrage von der der Sozialdemokratie?

Ich glaube am besten antworten zu können mit der Tatsache, die uns die Sowjetunion zeigt. Unsere Losung: Gleicher Lohn für gleiche Leistung, ist in der Sowjetunion durchgeführt. Die Frauen und die Jugendlichen bekommen denselben Lohn für dieselbe geleistete Arbeit.
Während die SAJ heute noch von der SPD-Führung bevormundet wird, während die SAJ-Führung die Jugend in den freiwilligen Arbeitsdienst zwingt, genießt bei uns die Jugend vollste Gleichberechtigung.
In der Sowjetunion arbeiten die jugendlichen Arbeiter von 14 – 16 Jahren nur vier Stunden und die von 16-18 Jahren nur sechs Stunden am Tag.

14. Frage: Gibt es zwei Arbeiterparteien?

Der Charakter einer Arbeiterpartei resultiert nicht allein aus ihrer sozialen Zusammensetzung, aus der Zahl der in ihr erfaßten Arbeiter denn sonst könnte ja das Zentrum, diese Partei Klöckners, Louis Hagens, die Partei des Prinzen von Löwenstein, die Partei, aus der Papen hervorgegangen ist, schließlich auch eine Arbeiterpartei sein.

Der Charakter einer Arbeiterpartei wird bestimmt durch ihr Programm, ihre Politik, durch ihr klassenmäßiges Denken und konsequent-revolutionäres Handeln. Bei der Behandlung der Frage 3 haben wir schon eine Reihe grundsätzlicher Unterschiede zwischen uns und der Sozialdemokratie aufgezeigt. Die KPD vertritt als einzige Partei, in schärfster Abgrenzung von der SPD, in schonungsloser Feindschaft zu jeglicher Arbeitsgemeinschafts- und Koalitionspolitik mit der Bourgeoisie, in schärfstem Kampf gegen jegliche Kapitulation vor dem Faschismus, die Klasseninteressen des Proletariats!

Die Sozialdemokratie dagegen beteiligt sich am kapitalistischen Staatsapparat, erklärt sich zum Heilgehilfen des verfaulenden Kapitalismus und stellt die Interessen des kapitalistischen „Vaterlandes“ höher als die Klasseninteressen des Proletariats und das Interesse der Werktätigen.

Die Bolschewiki haben 1903 nur darum den Trennungsstrich zwischen sich und den Menschewiki vollzogen, um den reinen Charakter der Klassenkampfpartei des Proletariats zu entwickeln.

Hätten die Linken in der deutschen Vorkriegs-Sozialdemokratie um Mehring, Liebknecht, Luxemburg, Klara Zetkin usw. bereits vor 1914 die scharfe Trennungslinie zwischen sich und den David, Noske, Vollmar, Auer usw. gezogen, dann wäre unter Umständen im Jahre 1918, ähnlich wie in der russischen Oktoberrevolution von 1917, diese revolutionäre Partei zur Führerin einer siegreichen deutschen Revolution geworden. Während die Sozialdemokratie sich zum Wächter des kapitalistischen Systems entwickelte, erstreben wir Kommunisten als die einzige marxistische und Arbeiterpartei den Sturz des Kapitalismus über den Weg der Diktatur des Proletariats. Folgernd aus allen diesen Tatsachen erklären wir eindeutig, daß es nur eine Arbeiterpartei gibt, nämlich die Kommunistische Partei.

15 . Frage: Gibt es innerhalb der KPD Demokratie und ein Mitbestimmungsrecht der Mitglieder?

Wir bejahen diese Frage nicht nur, sondern behaupten sogar, daß unsere Partei die einzige Partei der proletarischen Demokratie ist. Die Betriebs- und Straßenzellen sind die Grundlagen unseres Organisationslebens. Über die Wahl der Leitungen sagt § 6 des Statuts der KPD:

„Wahl sowohl der unteren wie der oberen Parteiorgane in Vollversammlungen der Parteimitglieder bzw. auf Delegiertenkonferenzen und Parteitagen.“

Wir sind eine Partei des demokratischen Zentralismus. Die Frage der Disziplin und der straffsten Zentralisation steht durch die Lebensbedingungen einer revolutionären Partei natürlich viel härter als bei einer kleinbürgerlichen Partei: In der Legalität sowohl wie in der Illegalität, in der letzteren ganz besonders, muß die Partei vor Spitzeln, Provokateuren und Polizeiagenten auf der Hut sein. Alle Mitglieder und Funktionäre der Partei sowie alle neu zu uns kommenden Klassengenossen werden zur Parteiarbeit und zu verantwortungsvollen politischen Funktionen herangezogen.

16. Frage: Wie ist das Verhältnis zwischen Führer und Masse bei der KPD, und wie beurteilt sie das Verhältnis von Führer und Masse bei der SPD und beim ADGB?

Unsere Parteiführung zeichnet sich durch ihre enge Verbundenheit mit der Masse des Proletariats aus. Die Denkweise der sozialdemokratischen Führer und die Denkweise der kommunistischen Führer -das ist allein schon ein Anschauungsunterricht für die Arbeiter. Die SPD-Führer, in dauerndem engstem Kontakt mit den klassenfremden und klassenfeindlichen, korrumpierten Schichten der Bourgeoisie, in gut bezahlten Staats- und Aufsichtsratsfunktionen, nehmen selbstverständlich im stärksten Maße die Gepflogenheiten und Gebräuche ihrer Umgebung an. Glaubst du, SPD-Genosse, ich war schon einmal bei Hindenburg? Niemals! Aber wie oft gehen die SPD-Führer zu Papen und zu Hindenburg?

Die SPD-Führer und auch die gutbezahlten Genossenschafts- und Gewerkschaftsbonzen usw. sind eine arbeiteraristokratische Schicht geworden, deren Interesse nicht mehr mit dem des Proletariats übereinstimmt.

17. Frage: Wie steht es mit der Abhängigkeit der KPD von der Komintern, von Moskau und der Politik der Sowjetunion?

Wir sind stolz darauf, der Kommunistischen Internationale anzugehören. Denn sie kämpft für die Internationale der Arbeiter und Unterdrückten, für die Solidarität aller Unterdrückten der ganzen Welt.

Die deutsche Sozialdemokratie war einst, als die II. Internationale in der Vorkriegszeit noch in gutem Ruf stand, die beste Partei dieser Internationale. So wie damals die verschiedensten europäischen Parteien wichtige Erfahrungen der deutschen Partei akzeptierten, so werden heute in unserer Internationale die Erfahrungen der russischen Bolschewiki ausgewertet. Auf Weltkongressen und EKKI-Konferenzen werden die Probleme behandelt. Das ist nicht eine Frage der historischen Ehrung, sondern es handelt sich um ein praktisches Lernen, denn die russischen Brüder haben den Kapitalismus wirklich gestürzt, und in ihrem Lande wird der Sozialismus aufgebaut.

Nicht „Abhängigkeit“ bindet die KPD an die Komintern, sondern der freiwillige, von revolutionärer Erkenntnis gefaßte Beschluß, der Kommunistischen Internationale beizutreten. Das dumme Gerede vom „rollenden Moskauer Rubel“ ist ein Kinderschreck für spießbürgerliche Gemüter, wie wir ihn schon in ähnlicher Form in der Vorkriegszeit erlebten, als man den Sozialdemokraten vorwarf, sie würden vom Auslande finanziert.

18. Frage: Unter welchen Bedingungen kann die Losung des politischen Massenstreiks als konkrete Kampflosung gestellt werden?

(Ein SPD-Delegierter schlägt vor, auf die nähere Behandlung dieser Frage zu verzichten, da in der Beantwortung der Fragen Nr. 3, 10 und 11 das Problem des politischen Massenstreiks und des Generalstreiks bereits gestreift wurde. – Die Delegation beschließt demgemäß.)

19. Frage- Wie denkt sich die KPD die Bekämpfung des imperialistischen Krieges und die Verteidigung der Sowjetunion?

Es gilt, in der Grundlinie das Feuer des schärfsten Kampfes gegen die Bourgeoisie im eigenen Lande zu richten. Es gilt, Klarheit zu schaffen über die Rolle des Pazifismus, des Völkerbundes und die kriegspolitischen Maßnahmen der eigenen Bourgeoisie. Die SPD hat ihre Stellungnahme zum Kriege durch Panzerkreuzer, Wehrprogramm, durch Zustimmung zum Wehretat usw. deutlich kundgetan.

Der Genosse Marty hat 1919 mit seiner Schwarzen-Meer-Flotte allen Arbeitern ein glänzendes Beispiel des revolutionären Antikriegskampfes gegeben. Er hat die Kanonenrohre umgedreht gegen die eigene Konterrevolution, statt sie gegen die Rote Armee zu richten. Wir erinnern weiter an die Potemkin-Revolte, an die Verhinderung von Munitionstransporten während des Russisch-Polnischen Krieges 1920 und an die neueren Tatsachen, wo in Danzig und Gdingen polnische und deutsche Arbeiter gemeinsam durch Streiks die Munitionstransporte von Polen zum japanischen Kriegsschauplatz verhinderten. Alles das sind Schlüssel für wichtige Aktionen unserer Antikriegspolitik.

In den Betrieben besteht die beste Methode im Kampfe gegen die Kriegspolitik darin, indem man Streikkämpfe und Kämpfe um höheren Lohn sowie gegen erdrückende Arbeitsbedingungen entfesselt. Der imperialistische Krieg bringt den werktätigen Massen Not, Verderben, neuen Kummer, neue Sorge. Wer den Kampf gegen den imperialistischen Krieg, für die Verteidigung der Sowjetunion führt, verteidigt damit seine eigenen Klasseninteressen!

20. Frage: Steht die Losung der Diktatur des Proletariats nicht im Gegensatz zum Mitbestimmungsrecht und der Demokratie innerhalb der Arbeiterklasse?

In der sogenannten bürgerlichen „Demokratie“ diktiert das Finanzkapital. Die Diktatur des Proletariats ist jene Staatsform, in der die Arbeiterklasse kraft ihrer Masse und Waffengewalt die Herrschaft der bürgerlichen Ausbeuter gestürzt hat und jeden Widerstand der ehemaligen Ausbeuter unterdrückt. Unter der Diktatur der Bourgeoisie, gleich unter welchen Herrschaftsformen, gibt es keine wirkliche Demokratie!

Denn eine Minderheit, das Finanzkapital, regiert über die Mehrheit, besonders über den entscheidendsten Teil der Mehrheit der Bevölkerung, über das Proletariat.
In einem Sowjetstaat ist das Verhältnis umgekehrt: Dort die gewaltige Majorität der Werktätigen über die Minorität der Überreste der früher herrschenden Klasse. Durch die Sowjets, die zum einzigen Verwaltungs- und Staatsapparat werden, wird die tatsächliche Anteilnahme der gesamten Masse des Proletariats und der werktätigen Schichten an der Verwaltung des proletarischen Staates verwirklicht. Die Diktatur des Proletariats ist also keineswegs, wie die SPD-Führer behaupten, eine Diktatur über das Proletariat. In den Leitsätzen und Statuten der Kommunistischen Internationale heißt es außerdem unter Kapitel II, Abs. 9:

„Die Diktatur des Proletariats ist die vollkommenste Verwirklichung der Leitung aller Werktätigen und Ausgebeuteten, die von der Klasse der Kapitalisten unterjocht, geknebelt, gedrückt, eingeschüchtert, zersplittert, betrogen worden sind, durch die einzige Klasse, die zu einer solchen führenden Rolle durch die ganze Geschichte des Kapitalismus vorbereitet ist.“

21. Frage: Welche Bedeutung hat der 2. Fünfjahrplan? – Wodurch haben die russischen Arbeiter und Bauern in ihrem Lande Faschismus und Tributsklaverei verhindert? – Ist das russische Beispiel in Deutschland durchführbar?

(Über diese Frage entstand eine ausführliche Diskussion zwischen dem Genossen Thälmann und der gesamten SPD-Delegation. Es werden Fragen gestellt darüber, wie es mit der Fünftagewoche steht, ob die Wissenschaftler zum Proletariat gehören, Fragen des Aufbaues der Sowjetwirtschaft werden erörtert usw. Dann erklärt Genosse Thälmann: )Die russischen Arbeiter und Bauern haben in ihrem Lande die Tributsklaverei abgeschafft. Während wir in Deutschland unter Versailles stöhnen, hat der russische Rätestaat durch seine siegreiche Revolution alle Schuldverträge annulliert und auch die 30 Milliarden zaristischer Auslandsverpflichtungen für null und nichtig erklärt.

Die russischen Arbeiter und Bauern haben in ihrem Lande die Tributsklaverei abgeschafft. Während wir in Deutschland unter Versailles stöhnen, hat der russische Rätestaat durch seine siegreiche Revolution alle Schuldverträge annulliert und auch die 30 Milliarden zaristischer Auslandsverpflichtungen für null und nichtig erklärt.

Während die Bolschewiki durch den ersten Fünfjahrplan in der UdSSR die Vollendung des Aufbaues des Fundamentes des Sozialismus vollzogen und das Riesenreich der Sowjets in die Periode des Sozialismus einführten, geht der zweite Fünfjahrplan an die endgültigeAusrottung der kapitalistischen Elemente und an den Aufbau der klassenlosen Gesellschaft. Die letzten Reste der parasitären Klassenelemente werden beseitigt. Genosse Molotow sagte auf der 17. Parteikonfernz der russisschen Bolschewiki!:

„Die geschichtliche Rolle des Proletariats besteht nicht nur darin, daß es der Totengräber der bürgerlichen Gesellschaft ist, sondern auch darin, daß es der Erbauer der neuen sozialistischen Gesellschaft ist.“

Das russische Beispiel ist, wenn wir in Deutschland die einheitliche revolutionäre Front der Arbeiter schmieden, durchaus durchführbar. Wenn die deutsche Arbeiterklasse 1918/19 an der Durchführung der Revolution nach russischem Muster gehindert wurde, so lag das in erster Linie an der Politik der Sozialdemokratie. Hätten wir 1918 bereits, wie in Rußland, eine bolschewistische Partei gehabt, so hätten wir erst recht denselben Weg gehen können wie die russischen Arbeiter. Die proletarische Revolution, und nicht Koalitionspolitik und Stimmzettel, haben in Rußland die Konterrevolution niedergeschlagen. Die eiserne Faust der proletarischen Diktatur hat in der UdSSR, in der es weder Erwerbslosigkeit noch Bankrotts gibt, in der es keine Krise, sondern nur stürmischen Aufbau gibt, die Entstehung einer faschistischen Bewegung verhindert.

Im Namen des Zentralkomitees der KPD richte ich von hier aus an euch und die deutsche Arbeiterklasse den leidenschaftlichen Appell, die proletarische Einheitsfront in der Antifaschistischen Aktion zu schließen, den revolutionären, d. h. bolschewistischen Ausweg zu beschreiten, die Aufrichtung der faschistischen Diktatur zu verhindern, mit euch gemeinsam wollen wir eine bessere Zukunft, den Sozialismus, erkämpfen.