09.10.2013 // Artikel
T. Derbent // Franz Mehring und Clausewitz

Franz Mehring und Clausewitz

09.10.2013

Folgender Artikel ist ein ist ein bisher unveröffentlichtes Kapitel aus Clausewitz und der Volkskrieg (Zambon Verlag, 2013), welches als kostenlose Beigabe auf der Frankfurter Buchmesse 2013 angeboten wurde.


I. Biographische Angaben

Franz Mehring gehörte gemeinsam mit Plekhanov und Kautsky zu der Generation der Führer der Arbeiterbewegung, die in der unverbrüchlichen geistigen Tradition von Marx, Engels und Lenin stehen. Sohn eines Offiziers, erzogen gemäß einer strengen, preußisch- protestantischen Tradition, seit 1868 liberaler politischer Redakteur, renommierter parlamentarischer Berichterstatter, Autor historischer Essays, verteidigte Mehring 1883 die durch die von Bismarck erlassenen sozialistenfeindlichen Gesetze verfolgte Sozialdemokratie in Tageszeitungen wie der Berliner Volkszeitung, wo ihm die Position des Chefredakteur gegeben wurde.

Er näherte sich jetzt dem Marxismus, begegnete August Bebel und Wilhelm Liebknecht, und trat 1891 in die Sozialdemokratische Partei ein, in der er die Rolle eines der Haupttheoretiker einnahm. Er verbündete sich mit Karl Kautsky, der ihm die Redaktion des Leitartikels der Neuen Zeit, dem wöchentlich erscheinenden Magazin zur SPD-Theorie, anvertraute.

Ab 1902 leitete Mehring auch die Redaktion der Leipziger Volkszeitung und lehrte an der Kaderschmiede der SPD-Parteischule. Er verlegte die Jugendwerke von Marx und Engels, und die Korrespondenz zwischen Marx und Lassalle. Schließlich erschien 1897 sein großes, bedeutendes Werk: Geschichte der deutschen Sozialdemokratie1.

Ab 1912 bekämpfte Mehring Kautskys Revisionismus. Während des Ersten Weltkriegs griff Mehring den Opportunismus und Chauvinismus innerhalb der Sozialdemokratie an, brach mit Kautsky und verweigerte seine Zustimmung zu den Kriegsanleihen. Im Januar 1916 nahm er an der Gründung der Spartakus – Gruppe teil, wurde aber dann – im Alter von 71 Jahren – für mehrere Monate eingesperrt. Im März 1917 wurde er zum Abgeordneten ins Preußische Parlament an Stelle des verhafteten Karl Liebknecht gewählt und veröffentlichte 1918 eine bemerkenswerte Marx-Biografie2. Mehring, in der Öffentlichkeit als Unterstützer der Russischen Revolution wohlbekannt, war 1919 zugleich einer der wichtigsten Gründer der Kommunistischen Partei Deutschlands, doch durch das Alter geschwächt starb er als Folge einer Lungenentzündung in Berlin nur wenige Tage nach der Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg.

II. Mehring und die militärische Frage

Das Gesamtwerk von Mehring umfasst 15 Bände, von denen der achte Band vollständig militärischen Abhandlungen gewidmet ist3. Die Aufmerksamkeit mit der er die Fragen des Krieges und der Armee behandelte, lässt ihn als einen der wichtigsten marxistischen Theoretiker dieser Domäne der Wissenschaft in Erinnerung bleiben. Durch seine Arbeiten als Historiker setzte er sich sehr früh mit diesen Fragen auseinander, da die Geschichte Preußens mit der seiner Armee untrennbar verbunden ist. Mirabeau, seinerzeit in diplomatischer Mission am Berliner Hof, hat diesen Sachverhalt im folgenden, berühmten Spruch zusammengefasst: “Preußen ist nicht ein Staat, der sich eine Armee hält, es ist eine Armee, die eine Nation erobert hat“4.

Mehring wandte strikt die Methoden des historischen Materialismus bezüglich der Fragen des Krieges und der Armee an und reflektierte diese Fragen auch subjektiv in der sozialistischen Presse. Es gelang ihm, das kausale Bindeglied zwischen den Kriegen und ihren ökonomischen, historischen und sozialen Ursachen herauszuarbeiten und bewies damit ein tiefes Verständnis für die Rolle des Krieges als ein Produkt der Klassengesellschaft. Zur Erreichung dieses Zieles stützte er sich auf zahlreiche Schriften, in der Hauptsache von Engels, Clausewitz und Delbrück.

Es ist in ersten Linie Mehrings Abhandlungen, seinen Essays und Artikel zu verdanken, dass Engels´ Arbeiten über die Frage des Militärs dem Vergessen entrissen wurden. Gerade diese Studien von Engels wurden das Ziel zahlreicher, politisch ausgerichteter Fehlinterpretationen. Die rücksichtsloseste von ihnen betraf die Einleitung zum Bürgerkrieg in Frankreich von Marx. Unter dem Vorwand, die durch die Auseinandersetzungen über das Gesetz gegen den Staatsstreich entstandene kritische Lage berücksichtigen zu müssen, drängte die Leitung der SPD Engels, diese Einleitung weniger radikal zu formulieren und entfernte auch mehrere Seiten. Engels stimmte zu, aber seine inhaltlichen Kürzungen und abgemilderten Interpretationen genügten der reformistischen Parteileitung immer noch nicht, die daraufhin nicht davor zurückschreckte, den Text für sein Erscheinen im Vorwärts einfach zu fälschen. Dieser veränderte Text ließ Engels scheinbar erklären, dass die Arbeiterbewegung bei ihrer Handlungsweise so sehr von der Gesetzeskonformität profitiert, dass allein dieser Weg befolgt werden sollte.

Mit letzter Energie protestierte Engels gegen diese Manipulation bei den SPD-Führern und auch den Führern der anderen europäischen Arbeiterparteien. Er bemühte sich, dass seine Einleitung ohne Kürzungen in der Neuen Zeit erschien. Vergebens: Auch diese Neuauflage wurde gekürzt5…Um die Widersprüche zwischen all seinen früheren Schriften und der Fälschung, die nun die wichtigste marxistische Interpretationsquelle in dieser Frage geworden war, zu erklären, führte man an, dass sich Engels gegen Ende seines Lebens dem Reformismus angenähert hätte…

Mehring entdeckte Engels´ Studien neu und vertiefte sie. So unterschied Mehring bei der von Engels im Anti-Dühring6 gestellten Frage nach den „genialen Kriegsführern“ die großen „Kriegsarchitekten“ (wie Friedrich den Zweiten oder Moltke) aufgrund der Tatsache, dass es ihnen gelang, die für ihre Zeit neuen Verfahrensweisen zu nutzen, auf dieser Basis neue Methoden theoretisch zu begründen und schließlich dieses Verstehen in militärische Erfolge umzusetzen.

Mehring erkannte den innovativen Beitrag progressiver Reformer der Militärkunst wie Scharnhorst und Clausewitz ohne Einschränkungen an.

Aber Mehring wies auch darauf hin, dass es nicht die progressiven Ideen sind, welche die großen Kriegsherren auszeichnen, wie der Fall von Moltke a contrario aufzeigt. Moltke, von Haus aus Monarchist und Reaktionär, hat sich in seinem Wirkungsbereich von dem engstirnigen Standpunkt des Junkers weiterentwickelt, um neue strategische Wege auf der Basis technischer Neuheiten, beginnend mit der Eisenbahn, einzuschlagen. Mehr noch: Moltke hat es verstanden das Wissen von Clausewitz praktisch anzuwenden, es gelang ihm in der „konkreten Analyse einer konkreten Situation“, alle von Clausewitz als entscheidend betrachteten Parameter in ihrer Wirkungskraft zu vereinen.

1914-15, als Ergebnis des Studiums von Delbrücks Schrift, verfasste Mehring seine Kriegsgeschichtlichen Streifzüge7 und seine Kriegsgeschichtlichen Probleme8, bei denen er das Distinguo vulgo zwischen „begrenzten“ und „totalen“ Krieg9 erneut berücksichtigte. Mehrings Meinung nach bedeutet dies einen großen theoretischen Fortschritt und Delbrücks Geschichte des Krieges erschien ihm als wichtigster Beitrag eines bürgerlichen Autors in der Erforschung des Krieges. Es ist in diesem Zusammenhang bezeichnend, dass Delbrück, selbst eingefleischter Reaktionär, von fast allen anderen, von der Öffentlichkeit anerkannten Publizisten, angegriffen wurde, da diese der mythenumrankten Sichtweise von Friedrich II. und der anderen deutschen „militärischen Genies“ anhingen.

Auch wenn Mehring nicht nur die Ergebnisse in Delbrücks Theorie, sondern auch die exakte Berücksichtigung der angegebenen Quellen als bemerkenswert einschätzte, kritisierte er doch dessen schematische (und letztendlich realitätsfremde) Vorgehensweise, durch die er die unzähligen strategischen Formen, welche die Geschichte entwickelt hat, in seinem bipolaren Schema zu integrieren vorgibt. Während Delbrück die zur Schlacht führenden Strategien von denen zum Manöver führenden Strategien unterschied, betonte und vertiefte Mehring die unbedingte Verknüpfung zwischen Manöver und Schlacht. Die Erforschung der Kriege voriger Jahrhunderte eröffnete Mehring die Chance, bei Umgehung der drakonischen Zensur den im Gang befindlichen imperialistischen Krieg zu verurteilen. Er führte zum Beispiel vor, warum der Siebenjährige Krieg (von der preußischen Monarchie glorifiziert) ein dem Willen und den Interessen des Volkes widerstrebender Raubkrieg war.

Mehring entwickelte die marxistische Auffassung zur Frage des Krieges und ermöglichte Lenin den theoretischen Einstieg, in dem er das Konstrukt des „Verteidigungskrieges“ zu Gunsten des „gerechten Krieges“ verwarf. Das Konzept des „Verteidigungskrieges“ vermag tatsächlich den imperialistischen Charakter eines Krieges zu verdecken. Im Namen der gerechten Abwehr eines Angriffskrieges rief Deutschland 1914 zur Mobilmachung gegen Russland und Frankreich auf: Das war die Grundstimmung, die von den deutschen und französischen Sozialchauvinisten benutzt wurde, um eine Solidarisierung mit den kriegerischen Zielen ihrer Bourgeoisien zu erreichen. Ganz anders definiert sich das Konstrukt des gerechten Krieges, der revolutionären Kriege und der Kriege zum Zweck der nationalen Befreiung, die auf den Kampf der Völker für ihre wahren Interessen abzielen.

Mehring war ein eingefleischter Gegner des Militarismus. Bereits lange vor dem Krieg bekämpfte er die Berufsarmee als Werkzeug im Eroberungskrieg von fremden Gebieten und bei der Unterdrückung des eigenen Volkes im Inneren.

In seinem berühmten Werk Miliz und Berufsarmee10 verteidigte er das Model der Volksarmee und der Volksmiliz, die – mit einer eisernen Disziplin ausgestattet – einem profunden sozialen und politischen Gewissen entspringen und nicht einem verrohenden und erniedrigenden Kasernenstil. Mehring kritisierte die Fraktion der Sozialdemokratie, die glaubte, die reaktionäre monarchistische Armee im Sinne einer Volksarmee reformieren zu können. Nur ein sozialistischer Staat vermag die sozialen und politischen Grundmauern einer solchen Armee schaffen, führte Mehring aus, weil die Armee weit davon entfernt sei, eine neutrale oder „nationale“ Institution zu sein, sondern das Ergebnis eines Gesellschaftssystems ist.

III. Mehring, Clausewitz und Lenin

Die ersten direkten Hinweise auf Clausewitz finden sich bei Mehring nach 1892. Aber vor allem ab den Schriften von 1907 unterstrich Mehring die Bedeutung des Vom Kriege von Clausewitz. Nach Olaf Rose (der die Werke von Mehring über die Geschichte Deutschlands, angefangen 1875, erforschte) hat Mehring lange vor Marx und Engels Clausewitz gelesen11. Mehring entdeckte später, dass Engels selbst eine hohe Meinung von Clausewitz hatte12 und zitierte bereitwillig Engels, der Clausewitz als “Stern erster Güte“ bezeichnet hatte13.

Mehring erkannte den entscheidender Beitrag von Clausewitz für die Theorie des Krieges im Allgemeinen als einen spezifischen, eigenständigen Beitrag zum Volkskrieg und zusätzlich als Beitrag zur Wiedererweckung der preußischen Militärmacht: Es geschah erst einige Jahrzehnte nach der Schlacht von Waterloo, dass der preußischen Armee durch die Schriften von Clausewitz die Strategie von Napoleon in Fleisch und Blut überging14.

Er erzählte die Anekdote von dem preußischen General, der als Antwort auf lockere Auslassungen über den „preußischen Volksschullehrer“, dem Preußen den Sieg in der Schlacht von Sadowa zu verdanken hätte15, entgegnete: “Ja, tatsächlich, und dieser Volksschullehrer hieß Clausewitz“.16Mehring war der erste Marxist, der eine theoretische Arbeit auf der Grundlage von Clausewitz` Schriften anfertigte. Er erkannte in Clausewitz den genialen Theoretiker, steckte aber dessen Grenzen ab und trug zu derer Überwindung bei. Auf dieser Weise wurden die Thesen von Clausewitz über das Verhältnis zwischen der Politik und dem Krieg durch die Beziehung der Wirtschaft zu der Politik vertieft.

Lenin war ein großer Bewunderer von Mehring. Seine Hinweise auf dessen Werk sind zahlreich, beginnend mit der Geschichte der Deutschen Sozialdemokratie, die Lenin zuerst 1902 in Was tun

17 und anschließend noch wiederholt erwähnt18. Lenin bezog sich auf die Schriften von Mehring, die sich ihrerseits auf die Texte und Briefe von Marx stützten, und sowohl in den Spalten der Neuen Zeit19, wie auch in „Aus dem literarischen Nachlass von Karl Marx, Friedrich Engels und Ferdinand Lassalle“20 oder in den von Mehring herausgegebenen Werken von Marx in drei Bänden21 veröffentlicht wurden. Schlussendlich wies Lenin regelmäßig auch auf die Artikeln und Leitartikel von Mehring aus der schon erwähnten Die Neue Zeit hin22.

Im Allgemeinen war Lenin ein passionierter Leser der Neuen Zeit. Er beklagte sich23, wenn er sich die Ausgaben nicht beschaffen konnte, informierte dagegen voller Freude seine Briefpartner, wenn es ihm gelungen war, seine beabsichtigte Lektüre nachzuholen24. In dem Heft mit den Vorbereitungsnotizen zu Der Imperialismus, erinnerte Lenin an die Polemik zwischen Delbrück und Mehring über das Selbstbestimmungsrecht der Nationen, erschienen in der Neuen Zeit25.Wenn auch kein Zweifel darüber besteht, dass Lenin Mehrings Kriegsgeschichtliche Streifzüge und die Kriegsgeschichtlichen Probleme kannte, die Frage, ob es die Schriften von Mehring sind, die Lenin dazu geführt haben, Clausewitz zu lesen, bleibt unbeantwortet.

Das, was man als sicher annehmen kann, ist, dass – bevor er selbst Clausewitz las – Lenin die Abschnitte gekannt hat, in denen Mehring Clausewitz lobt, und es geschah durch Mehrings Lektüre, dass sich Lenin eine Sichtweise des Krieges26 hat bilden können, die von Clausewitz ausging, schon bevor er selbst die Gelegenheit hatte Vom Kriege zu lesen.


1. Mehring: Geschichte der deutschen Sozialdemokratie, Dietz, Stuttgart, 1897-1898.

2. Mehring Karl Marx, Geschichte seines Lebens, Leipziger Buchdruckerei, Leipzig 1918.

3. Mehring: Gesammelte Schriften, Band 8 : Zur Kriegsgeschichte und Militärfrage, Dietz Verlag, Berlin, 1976.

4. Unvergessener Kommentar von Mirabeau zum Tode von Friedrich II..

5. Der vollständige Text wurde erst 1930 in der UDSSR veröffentlicht.

6.F. Engels: “Die Bewaffnung, Zusammensetzung, Taktik und Strategie sind in erster Linie von dem, von Fall zu Fall erreichten Niveau der Produktion, wie auch der gegenseitigen Vernetzung, abhängig. Es handelt sich nicht, um “die eigenständigen Erfindungen des Geistes“ genialer Führer, die auf diesem Feld eine umwälzende Wirkung entfaltet haben, es ist die Innovation zu besseren Waffen und die Veränderung des Humanmaterials, der Soldaten ; der Einfluss genialer Führer verharrt im besten Falle in der Anpassung der Kampftechnik a neu dieen Waffen und Gegner.“, Anti- Dühring. Editions sociales, Paris 1973, Seite 196.

7. Erschienen auf den Feuilletonseiten (7 Ausgaben) zwischen Dezember 1914 und Januar 1915 in Die Neue Zeit. Gesammelte Schriften, Band 8, Seite 303.

8.Erschienen auf den Feuilletonseiten (4 Ausgaben) zwischen August und September 1915 in Die Neue Zeit. Gesammelte Schriften, Band 8 Seite 368.

9.Das Distinguo (die Differenzierungsmerkmale) sieht er bei Clausewitz als unzureichend beschrieben an.

10. Erschienen auf den Feuilletonseiten (5 Ausgaben) in Juli-August 1913 in Die Neue Zeit. Gesammelte Schriften, Band 8, Seiten 223-286.

11. Olaf Rose: Carl von Clausewitz – Wirkungsgeschichte seines Werkes in Russland und der Sowjetunion 1836 – 1991, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, Schriftenreihen des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes, München 1995, Seite 92.

12. Mehring schrieb diesen Artikel über Engels unter der Überschrift An Unusual Friendship, (Eine ungewöhnliche Freundschaft), veröffentlicht im Mai 1919 in New York in der Zeitschrift Class Struggle (Klassenkampf), pp. 192–200 : „Er (Engels) hat alles über die Verwaltung der Armee studiert, bis zu den genauesten technischen Einzelheiten: die grundsätzlichen taktischen Methoden , das Befestigungssystem von Vauban und alle anderen Systeme, inbegriffen das moderne System der getrennten Festungen, des Brückenbaus und der militärischen Erdarbeiten im Gelände, die Kampfmittel, die Herstellung der Geschirre, die das Ziehen der Kanonen ermöglichen, die Möbel für die Krankenhäuser, und andere Fragen. Schließlich ist er zur allgemeinen Geschichte des Krieges übergegangen, in welcher er eine besondere Aufmerksamkeit Napier, der englischen Autorität auf dem Gebiet, und ebenfalls dem Franzosen Jomini und dem Deutschen Clausewitz, widmete.“ (eigene Übersetzung)

13. “Eine große Armee, wie jede bedeutende soziales Organisation, funktioniert niemals besser als nach einer Niederlage, nach welcher sie in sich gehen muss, um sich reumutig mit begangenen Fehler zu beschäftigen. Das ist das, was den Preußen nach Jena geschehen ist, und zum wiederholten Male 1850, obwohl sie damals keine große Niederlage erlitten hat, aber ihr militärischer Verfall wurde während zahlreicher kleineren Kampagnen – in Dänemark und im Süden Deutschlands – und während der großen Mobilmachung vom 1850 ihnen selbst und der ganzen Welt sichtbar und fühlbar, und auch bei einer wirklichen Niederlage, bedingt durch die politische Ehrlosigkeit Warschaus und Olmütz´ (bei der Konferenz von Warschau, gefolgt von dem Vertrag von Olmütz von 1850; Friedrich-Wilhelm III. beendete den österreichisch-preußischen Krieg von 1848-1850, in dem er auf die deutsche Vereinigung unter Preußens Führung verzichtete – die Episode ist bekannt unter dem Begriff des „Rückzugs von Olmütz“, genauer „die Herabsetzung von Olmütz“).“Sie waren gezwungen sich einer schonungslosen, kritischen Prüfung ihrer Vergangenheit zu stellen, um für ihre zukünftigen Handlungen, die beste Lehre daraus zu ziehen. In ihren militärischen Lehrbüchern, die Clausewitz als einen Stern erster Güte erschienen ließen, begann sich dieser Stern, der inzwischen der Vergessenheit anheim gefallen war, unter der Wirkung dieser unabdingbaren selbstkritischen Betrachtung zu erheben.“ (Eigene Übersetzung). F. Engels: Einführung zu der Fibel von Sigismund Borkheim Zur Erinnerung an die deutschen Mordspatrioten erschienen 1888 in Zürich. (MEGA Band 21, Seite 350).

Der Abschnitt von Mehring wird von Engels in seinem Artikel Nichts gelernt und nichts vergessen! zitiert (Die Neue Zeit

18 Juli 1906; Gesammelte Schriften, Band 8, Seite 97).

14. F. Mehring: Die Lessing Legende: Eine Rettung; der Text enthält mehrere direkte Hinweise auf Clausewitz, veröffentlicht zuerst 1891-92 im Feuilleton des Blattes Die Neue Zeit, und dann als Buch bei Dietz, Stuttgart 1893.

15. Diese überholte Auffassung, allgegenwärtig in den wissenschaftlichen Diskursen dieser Zeit, führte als entscheidendes Merkmal des preußischen Sieges die Tatsache an, dass dank des berühmten Volksschullehrers alle preußischen Soldaten die gleiche Sprache beherrschten (während in der österreichisch-ungarischen Armee zwanzig Sprachen und Dialekte offiziell neben einander existierten) und dass die preußischen Wehrpflichtigen zeitig sowohl in schulischen (Gymnastik), wie auch in außerschulischen Aktivitäten (Schießen) auf den Krieg vorbereitet worden sind. Man wird das Thema des „preußischen Volkschullehrers“ in den in Frankreich nach der Niederlage von 1870 geführten Diskussionen wieder finden, sie trugen verstärkt zum Aussterben der regionalen Sprachen und Dialekte in den französischen Schulen bei. 1870 verwendeten aber noch einige französische Regimenter die regionalen Sprachen (Flämisch, Picard, Langue d´Oc, Provencal, etc.).

16. F. Mehring: Historische Aufsätze preußisch-deutschen Geschichte, Berlin, Verlag JHW Dietz Nachf., 1946, Seite 110 .

17. Lenin : Gesamtwerk, Paris-Moskau 1965, Band 5, Seite 400.

18. Lenin: O.C. Band 11, Seite 421, O.C, Band 12, Seiten 361, 367 und 369-370.

19. F. Mehring: Neue Erkenntnisse zur Biografie von Marx und Engels (Neue Zeit 25. Jahr 1907), Lenin, O.C. Band 39, Seite 607.

20. F. Mehring: Aus dem literarischen Nachlass von Karl Marx, Friedrich Engels, und Ferdinand Lassalle, JHW Dietz, Stuttgart 1902. Lenin weist in Zwei taktische Methoden der Sozialdemokratie (O.C. Band 9, Seiten 54 und 134-135), aber auch wiederholt an anderen Stellen darauf hin (cf. O.C. Band 21, Seite 404 ; Band 31, Seiten 356-357; Band 36, Seite 134; Band 39, Seiten 663-667). Briefe von Ferdinand Lassalle an Karl Marx und Friedrich Engels 1849 bis 1862 hrsg. Von Franz Mehring, J. H. W. Dietz, Stuttgart, 1902.

21. Lenin: O.C. Band 6, Seiten 480-481 und Band 15, Seite 404.

22. Lenin: O.C. Band 12, Seiten 361-379, Hinweis auf Der Sorgsche Briefwechsel (Neue Zeit Nr. 23, 6. März 1907 25. Jahr Band 1); O.C. Band 12, Seiten 384-391 Im Zusammenhang mit der zweiten Duma (Neue Zeit Nr. 23, 25. Jahr 6. März 1907); O.C. Band 13 (Zitat ohne Seitenangabe); O.C. Band 14 Seite 258: Zitat entnommen aus der Neue Zeit 1908 Nr. 38; O.C. Band 21: Unter fremden Banner (Neue Zeit vom 1. und 2. Oktober 1914 Seite 92). Dieser letzte Artikel ist der einzige, in dem Lenin, im Zusammenhang mit einer unterschiedlichen Bewertung der Ereignisse von 1859 (die Schlacht von Sadova) durch Marx und Lassalle, Mehring Unrecht tut.

23. Lenin: O.C. Band 34, Seite 18.

24. Lenin: O.C. Band 34, Seite 365.

25. Lenin: O.C. Band 39, Seite 607.

26. Schössler schätzt diesen Einfluss als „ wahrscheinlich“ beginnend mit dem Artikel von Mehring von 1904 über den russisch-japanischen Krieg. Dietmar Schössler : Clausewitz – Engels – Mahan : „Grundriss einer Ideengeschichte militärischen Denkens, LIT Verlag, Berlin, 2009, Seiten 388 und 393.